Ausgabe vom 27. Juni
2013
Wien (OTS) - Die Agrarpolitik ist einer der wenigen gemeinsam
betrachteten Wirtschaftsbereiche. Die jetzige Einigung auf die
Agrarreform betrifft Bauern in Estland und Österreich gleichermaßen.
Niemand regt sich darüber auf.
Daran sollten die EU-Regierungschefs vielleicht denken, wenn sie über
eine Vertiefung der Wirtschafts- und Sozialpolitik reden. Vor allem
am Arbeitsmarkt und den Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit heißt es
immer wieder: Die nationalen Unterschiede seien zu groß, ein
gemeinsames Vorgehen daher kaum möglich. Warum geht das dann bei der
Landwirtschaft?
Weil sich die EU-Mitgliedsländer daran gewöhnt haben,
aber bei der Aufgabe weiterer nationaler Souveränitäten einen
Machtverlust befürchten.
Genau dieses Denken müssen die europäischen Politiker überwinden.
Nationales Machtdenken ist Teil des Problems.
Sechs Millionen arbeitslose Jugendliche sollten allerdings Grund
genug sein, dass Europa seine Prioritäten neu setzt. Der herrschende
Steuerwettbewerb ist Unsinn und begünstigt bloß Konzerne, die ohnehin
schon auf Milliarden an Barvermögen sitzen.
Die nationalen
Besonderheiten der Arbeitsmärkte und dazugehörenden
Sozialversicherungen behindern die Mobilität.
Nun ist angesichts der Arbeitslosenzahlen in der EU und der Aussicht,
dass die die nächsten zwei Jahre lang nicht sinken werden, vielen
Regierungen der Schreck in die Glieder gefahren.
Gut so. Die europäische Politik lehrt, dass erst beträchtlicher
Leidensdruck zu Veränderungen führt. Bei den Bankenrettungen war dies
so - nur die unvorstellbare Haftungssumme von 5000 Milliarden Euro
EU-weit brachte Fortschritt.
Die 26 Millionen Arbeitslosen sollten ausreichen, um die
Regierungschefs zu Bewegung zu zwingen.
"Die Beschäftigungsprobleme
lassen sich mit neuen Milliarden lösen", hieß es dazu gestern in
Berlin.
Das ist richtig. Es geht nach wie vor darum, die gesamte
Wirtschaftspolitik europäisch zu organisieren. Es geht um eine
schlagkräftige Industriepolitik (ist nicht der Fall). Es geht auch
darum, jungen Menschen erstens Ausbildung und zweitens Jobchancen
eröffnen zu können. Monatelang tobte in den EU-Institutionen der
Kampf ums Agrarbudget. Es wäre ziemlich hilfreich, wenn Kommission,
Parlament und Rat so viel Zeit und Ideen in eine gemeinsame
Beschäftigungspolitik stecken würden.
Quelle: APA-OTS, Aussender: Wiener Zeitung
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