Ich bin Klassische Philologin wie Karl Marx und habe wie er ein Leben
in der Politik verbracht. Bereits in den späten 80er Jahren wurde mir
klar dass die Ausrichtung des Kapitalismus, wie er aufgebaut t ist,
nämlich in einer Spirale nach oben, geradewegs in ein Desaster führt.
Der
damalige Westen war nur mehr auf Ausschau nach neuen Märkten, die ihm,
nachdem Afrika zerstört war, Lateinamerika, Asien, aber vor allem der
ihm ja bis dato verschlossene Osten bieten sollten. Im Osten sah man
längst ersehnte Kapitalzuwächse, vergaß jedoch zu bedenken, dass die
Menschen dieser Länder sich den Konsum nicht leisten konnten.
So kam es
dazu dass in diesen Staaten die alte Elite, die Verbindungen politischer
und wirtschaftlicher Art bereits vor der Wende als ihre Privilegien
hatte, nun ebenfalls wieder die Oberschicht bildet und dass aus ihr
eifrigere Kapitalisten als die von ihnen ehemals bekämpften
hervorgegangen sind. Sie werden von Machthabern wie Putin unterstützt,
solange sie ihm politisch nicht in die Quere kommen. Der Markt wird
teilweise so geregelt, dass in Russland laut Augenzeugenberichten in
den Wäldern tonnenweise Konsumgüter abgeladen wurden, um die Preise für
diese in die Höhe zu treiben.
Banken pumpten Kredite in den Osten,
nicht aus Menschlichkeit, sondern aus reiner Profitgier, und so ist es
nicht verwunderlich, dass z.B.Hypo- Alpe- Adria- Geschäfte nicht
funktionieren konnten. Für diese Pleiten zahlt nun der westliche
Steuerzahler, der ebenfalls wirtschaftlich mehr und mehr in Bedrängnis
kommt und sich mit Arbeitslosigkeit in hohem Ausmaß konfrontiert sieht.
In
Lateinamerika gab es ebenfalls Probleme. So kam es zum Staatsbankrott
von Argentinien im Jahr 1997, da der Dollar 1:1 übernommen wurde und die
Kaufkraft für die Bevölkerung nicht mehr gegeben war. Das Preisgefälle
zu den Nachbarstaaten, die diese Entwicklung des Mercosul nicht
mitmachten, konnte ich damals mit eigenen Augen sehen.
Asien
schlug einen eigenen Weg ein. China verrdrängte das westlich orientierte
Japan vom Markt und ruinierte z.B. in der Textilindustrie den gesamten
Zweig der einstmals florierenden brasilianischen Industrie in der Folge.
Dadurch dass sich China eigenständig entwickelte und auf
Bevölkerungszahlen zurückgreifen kann, die all unsere Vorstellungen
überschreiten, konnte sich das Regime, das auf einer Mischung aus
Kommunismus und Kapitalismus basiert, bald in anderen Ländern einkaufen
und wurde sogar bereits als Helfer für die europäische Krise hofiert.
Dass die Waren ebenfalls mit Dumping- Preisen hergestellt werden,
erhitzt die Gemüter schon lange nicht mehr so wie vor Jahrzehnten bei
Japan. Man ist auf China angewiesen und lässt dabei sogar
demokratiepolitische Einwände gar nicht erst aufkommen.
Was aber
tun bei Stagnation oder gar Stagflation im uns bekannten
Wirtschaftssystem? Es wird munter weiter produziert, es werden Kredite
auf Schulden ausgeschüttet, die die Kinder und Enkelkinder belasten
werden. Durch obsolescence werden die Fabrikate künstlich mit einem
Ablaufdatum vor ihrer Zeit versehen. Der Staatsbürger ist als Bürger und
als Privatperson verschuldet, damit der Lebensstandard und die
Infrastruktur aufrechterhalten
bleiben kann.
Was diese
Schraube nach oben ökologisch bewirkt, zeigt sich ebenfalls seit den
80er Jahren ganz deutlich. Manchmal kommt es mir vor, als ob Menschen in
unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich denken, ob sie nun als
Konsumenten, Politiker, Wirtschaftstreibende das Wort ergreifen. Da wird
der andere Kontext einfach ausgeblendet, wenn eine Umweltschützerin
z.B. auf facebook darüber erzählt wieviele Flugmeilen sie bereits
wieder für miles and more hat. Und sie müsse bei Konferenzen einfach
immer mit dem Taxi fahren, da das so viel Zeit spare...
Von
wirtschaftlicher Seite werden die Ressourcen gnadenlos abgebaut, als ob
es keine folgenden Generationen mehr zu bedenken gäbe- aus Angst vor
einer Rezession.
Wie kommt man aus dem Teufelskreis heraus?
Ich
habe kein Patentrezept, nur Anregungen. Ein Schritt in die richtige
Richtung ist sicherlich, die Eigentümer einer Bank in die Verantwortung
zu nehmen, wenn sie sich verspekulieren. Warum hat man nicht schon
früher daran gedacht?
Ein weiterer Schritt für Europa wäre meiner
Meinung nach das Wiederaufleben der Idee " Europa der Regionen ", um der
Gleichmacherei ( auch auf landwirtschaftlichem Sektor ) ein Ende zu
setzen. Klein- und Mittelbetriebe könnten so gestärkt werden und damit
wertvolle und, wie die Erfahrung zeigt, langfristige Arbeitsplätze
geschaffen werden.
Das Geld, das in den Kellern der EZB gehortet
wird, sollte für Entwicklungsprojekte in den developing countries zur
Verfügung gestellt werden. Es würde über kurz oder lang Früchte tragen,
die Erträge wären vielleicht nicht momentan exorbitant wie bei
Immobilienblasen, jedoch beständig. Politische Probleme könnten gelöst
werden, Europa bräuchte nicht mehr ein Bollwerk zu sein, als das es sich
derzeit darstellt, oft in menschenverachtender Weise.
Das
Gleichnis des Eisverkäufers von Marx hat mich immer sehr stark
beeinflusst und scheint in der heutigen Zeit vergessen worden zu sein.
Es besagt im übertragenen Sinn,dass zwei Anbieter, die sich den Markt
halbieren, mehr profitieren als wenn sie gegeneinander konkurrenzieren.
Ein
Ende den Firmen- Mergers, die Millionen Menschen die Arbeitsplätze
kosten und niemals sauber ablaufen. Hier wäre auch die Politik gefragt,
wesentlich mehr nachzufragen und aufzudecken. Dafür müsste natürlich der
Staat auch ein wirtschaftliches Gewissen entwickeln und sich von der
Wirtschaft emanzipieren.
Ein Ende dem Neoliberalismus, den es
offen und versteckt selbst im europäischen Parlament noch gibt! Der
Staat ist nicht dazu da, zu bevormunden, aber sehr wohl, Grundrechte zu
sichern.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich ganz
bestimmt gegen die Aussage war und bin " Was nichts kostet, ist nichts
wert " und damit Vorschub leisten soll für Privatisierungen aller Art-
der Bildung, des Wassers, des öffentlichen Verkehrs etc. Hier ist die
Politik ganz besonders gefragt, dagegenzusteuern!
Vielleicht kann
ich eine Diskussion anfachen, die noch andere Punkte beleuchtet und
entschuldige mich dass ich nicht wissenschaftlich auf Schumpeter,
Galbraith, Keynes et al. eingehen wollte. Sie können die Grundlage dazu
sein, eine notwenige Entwicklung zu fundamentieren, aber ich glaube,
die derzeitige Lage erfordert ein Umdenken wie es z.B. in Organisationen
wie Attack und anderen bereits angedacht wird, aber noch zu wenig
ausgereift erscheint.
Nur so wird es gelingen, der Jugend, die in
Istanbul, Ägypten und in ganz breitem Rahmen derzeit in Paraguay,
Uruguay, Chile, Brasilien und auch in Staaten Europas auf die Straße
geht, ihre verlorene Zukunft wiederzugeben.
Autorin
Frau Prof. Mag. Brita Pilshofer verfasst immer wieder hervorragende Texte für die Plattform für Wirtschaft, Politik & Gesellschaft. Herzlichen Dank für die Unterstützung!
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