30. Juni 2013

Ein neues Wirtschaftskonzept muss her

Ich bin Klassische Philologin wie Karl Marx und habe wie er ein Leben in der Politik verbracht. Bereits in den späten 80er Jahren wurde mir klar dass die Ausrichtung des Kapitalismus, wie er aufgebaut t ist, nämlich in einer Spirale nach oben, geradewegs in ein Desaster führt.
Der damalige Westen war nur mehr auf Ausschau nach neuen Märkten, die ihm, nachdem Afrika zerstört war, Lateinamerika, Asien, aber vor allem der ihm ja bis dato verschlossene Osten bieten sollten. Im Osten sah man längst ersehnte Kapitalzuwächse, vergaß jedoch zu bedenken, dass die Menschen dieser Länder sich den Konsum nicht leisten konnten. 

So kam es dazu dass in diesen Staaten die alte Elite, die Verbindungen politischer und wirtschaftlicher Art bereits vor der Wende als ihre Privilegien hatte, nun ebenfalls wieder die Oberschicht bildet und dass aus ihr eifrigere Kapitalisten als die von ihnen ehemals bekämpften hervorgegangen sind. Sie werden von Machthabern wie Putin unterstützt, solange sie ihm politisch nicht in die Quere kommen. Der Markt wird teilweise so geregelt, dass in Russland laut Augenzeugenberichten in den Wäldern tonnenweise Konsumgüter abgeladen wurden, um die Preise für diese in die Höhe zu treiben.


Banken pumpten Kredite in den Osten, nicht aus Menschlichkeit, sondern aus reiner Profitgier, und so ist es nicht verwunderlich, dass z.B.Hypo- Alpe- Adria- Geschäfte nicht funktionieren konnten. Für diese Pleiten zahlt nun der westliche Steuerzahler, der ebenfalls wirtschaftlich mehr und mehr in Bedrängnis kommt und sich mit Arbeitslosigkeit in hohem Ausmaß konfrontiert sieht.

In Lateinamerika gab es ebenfalls Probleme. So kam es zum Staatsbankrott von Argentinien im Jahr 1997, da der Dollar 1:1 übernommen wurde und die Kaufkraft für die Bevölkerung nicht mehr gegeben war. Das Preisgefälle zu den Nachbarstaaten, die diese Entwicklung des Mercosul nicht mitmachten, konnte ich damals mit eigenen Augen sehen.

Asien schlug einen eigenen Weg ein. China verrdrängte das westlich orientierte Japan vom Markt und ruinierte z.B. in der Textilindustrie den gesamten Zweig der einstmals florierenden brasilianischen Industrie in der Folge. Dadurch dass sich China eigenständig entwickelte und auf Bevölkerungszahlen zurückgreifen kann, die all unsere Vorstellungen überschreiten, konnte sich das Regime, das auf einer Mischung aus Kommunismus und Kapitalismus basiert, bald in anderen Ländern einkaufen und wurde sogar bereits als Helfer für die europäische Krise hofiert. Dass die Waren ebenfalls mit Dumping- Preisen hergestellt werden, erhitzt die Gemüter schon lange nicht mehr so wie vor Jahrzehnten bei Japan. Man ist auf China angewiesen und lässt dabei sogar demokratiepolitische Einwände gar nicht erst aufkommen.

Was aber tun bei Stagnation oder gar Stagflation im uns bekannten Wirtschaftssystem? Es wird munter weiter produziert, es werden Kredite auf Schulden ausgeschüttet, die die Kinder und Enkelkinder belasten werden. Durch obsolescence werden die Fabrikate künstlich mit einem Ablaufdatum vor ihrer Zeit versehen. Der Staatsbürger ist als Bürger und als Privatperson verschuldet, damit der Lebensstandard und die Infrastruktur aufrechterhalten
bleiben kann.

Was diese Schraube nach oben ökologisch bewirkt, zeigt sich ebenfalls seit den 80er Jahren ganz deutlich. Manchmal kommt es mir vor, als ob Menschen in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich denken, ob sie nun als Konsumenten, Politiker, Wirtschaftstreibende das Wort ergreifen. Da wird der andere Kontext einfach ausgeblendet, wenn eine Umweltschützerin z.B. auf facebook darüber erzählt wieviele Flugmeilen sie bereits wieder für miles and more hat. Und sie müsse bei Konferenzen einfach immer mit dem Taxi fahren, da das so viel Zeit spare...
Von wirtschaftlicher Seite werden die Ressourcen gnadenlos abgebaut, als ob es keine folgenden Generationen mehr zu bedenken gäbe- aus Angst vor einer Rezession.
Wie kommt man aus dem Teufelskreis heraus?

Ich habe kein Patentrezept, nur Anregungen. Ein Schritt in die richtige Richtung ist sicherlich, die Eigentümer einer Bank in die Verantwortung zu nehmen, wenn sie sich verspekulieren. Warum hat man nicht schon früher daran gedacht?

Ein weiterer Schritt für Europa wäre meiner Meinung nach das Wiederaufleben der Idee " Europa der Regionen ", um der Gleichmacherei ( auch auf landwirtschaftlichem Sektor ) ein Ende zu setzen. Klein- und Mittelbetriebe könnten so gestärkt werden und damit wertvolle und, wie die Erfahrung zeigt, langfristige Arbeitsplätze geschaffen werden.

Das Geld, das in den Kellern der EZB gehortet wird, sollte für Entwicklungsprojekte in den developing countries zur Verfügung gestellt werden. Es würde über kurz oder lang Früchte tragen, die Erträge wären vielleicht nicht momentan exorbitant wie bei Immobilienblasen, jedoch beständig. Politische Probleme könnten gelöst werden, Europa bräuchte nicht mehr ein Bollwerk zu sein, als das es sich derzeit darstellt, oft in menschenverachtender Weise.

Das Gleichnis des Eisverkäufers von Marx hat mich immer sehr stark beeinflusst und scheint in der heutigen Zeit vergessen worden zu sein. Es besagt im übertragenen Sinn,dass zwei Anbieter, die sich den Markt halbieren, mehr profitieren als wenn sie gegeneinander konkurrenzieren.
Ein Ende den Firmen- Mergers, die Millionen Menschen die Arbeitsplätze kosten und niemals sauber ablaufen. Hier wäre auch die Politik gefragt, wesentlich mehr nachzufragen und aufzudecken. Dafür müsste natürlich der Staat auch ein wirtschaftliches Gewissen entwickeln und sich von der Wirtschaft emanzipieren.

Ein Ende dem Neoliberalismus, den es offen und versteckt selbst im europäischen Parlament noch gibt! Der Staat ist nicht dazu da, zu bevormunden, aber sehr wohl, Grundrechte zu sichern.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich ganz bestimmt gegen die Aussage war und bin " Was nichts kostet, ist nichts wert " und damit Vorschub leisten soll für Privatisierungen aller Art- der Bildung, des Wassers, des öffentlichen Verkehrs etc. Hier ist die Politik ganz besonders gefragt, dagegenzusteuern!

Vielleicht kann ich eine Diskussion anfachen, die noch andere Punkte beleuchtet und entschuldige mich dass ich nicht wissenschaftlich auf Schumpeter, Galbraith, Keynes et al. eingehen wollte. Sie können die Grundlage dazu sein, eine notwenige Entwicklung zu fundamentieren, aber ich glaube, die derzeitige Lage erfordert ein Umdenken wie es z.B. in Organisationen wie Attack und anderen bereits angedacht wird, aber noch zu wenig ausgereift erscheint.

Nur so wird es gelingen, der Jugend, die in Istanbul, Ägypten und in ganz breitem Rahmen derzeit in Paraguay, Uruguay, Chile, Brasilien und auch in Staaten Europas auf die Straße geht, ihre verlorene Zukunft wiederzugeben.

Autorin
Frau Prof. Mag. Brita Pilshofer verfasst immer wieder hervorragende Texte für die Plattform für Wirtschaft, Politik & Gesellschaft. Herzlichen Dank für die Unterstützung!

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