Ein kurzfristiges Konjunkturpaket bringt weder Wachstum noch Stimmen
Ausgabe vom 25.6.
Wien (OTS) - Österreich hat mit wahlkämpferischer Großzügigkeit seine
leidvollen Erfahrungen. Die Nacht der großen Geschenke nur Tage vor
der Nationalratswahl im Herbst 2008 liegen den öffentlichen Finanzen
zum Teil noch heute schwer im Magen.
So toll wie damals treiben es die Regierungsparteien noch nicht. Aber
das Hochlizitieren eines Konjunkturprogramms als Reaktion auf die
Alpine-Pleite, das vor allem von der SPÖ betrieben wird, erinnert
stark an jene chaotische Parlamentsnacht, als Familien, Studenten und
vor allem Pensionisten als Ausgleich für die damals steigenden Preise
mit finanziellen Gaben überschüttet wurden, die sich der Staat nicht
wirklich leisten konnte.
Auch diesmal lassen sich - abgesehen vom Wahltermin - einige
sachliche Argumente dafür finden, den Geldhahn aufzudrehen. Das
Wachstum ist schwach, die Arbeitslosigkeit steigt, und die jüngsten
Insolvenzen und Unternehmenskrisen - Niedermeyer, Dayli, Alpine -
vergrößern die Zahl der Jobsuchenden noch weiter.
Doch ein Konjunkturpaket ist, darin stimmen die meisten Ökonomen
überein, die falsche Antwort auf diese Probleme. Für klassisches
Deficit-Spending sind die Staatsschulden einfach zu hoch, abgesehen
davon, dass die EU-Regeln einer expansiven Fiskalpolitik im Wege
stehen. Österreichs Wirtschaftserfolg ist vor allem von Exporten
abhängig, auf die man im Inland keinen Einfluss hat. Und eine
Stärkung der Kaufkraft bringt nichts, wenn nicht gleichzeitig
Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verbessert werden.
Gerade die Pleite des Großarbeitgebers Alpine muss nicht zwingend zu
mehr Arbeitslosen führen, wenn ein Weg gefunden wird, dass die
bestehenden Baustellen ohne große Verzögerungen von anderen
Baukonzernen übernommen werden. Hier könnte der Staat helfen, ohne
dass es den Steuerzahler etwas kostet.
Aber wenn man die aktuelle Debatte über die Konjunkturprogramme
verfolgt, kommen die Zweifel, dass hier je sehr viel Geld fließen
wird. Es werden nicht nur Finanzierungsquellen wie die Erlöse aus der
Versteigerung von Mobilfunkfrequenzen mehrfach verkauft, sondern auch
die Projekte selbst. Was die SPÖ als Reaktion auf den Alpine-Konkurs
vorschlägt, ist ein Neuaufguss der Wohnbauoffensive, mit der sie
schon seit Monaten auf die steigenden Mieten reagieren will. Eine
Ankurbelung des Wohnbaus ist sicherlich sinnvoll; aber das wäre keine
kurzfristige Konjunkturmaßnahme, sondern ein Beitrag zur Vermeidung
sozialer Spannungen. Und Wirkung zeigen solche Programme immer nur
längerfristig.
Teure Beschlüsse kurz vor dem Wahltermin sind daher aus zweifachem
Grund verfehlt: Weder verbessern sie die Wachstums- und
Arbeitsmarktdaten in den nächsten Monaten, noch bringen sie am
Wahltag zusätzliche Stimmen. Zumindest bei den letzten Urnengängen
hat sich solche späte Largesse nicht ausgezahlt.
Und alles Geld, das jetzt noch schnell in Ziegel, Beton und Asphalt
fließt, fehlt, wenn es um Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche
geht.
Würden Werner Faymann und Michael Spindelegger heute 500
Millionen Euro mehr für Universitäten und Forschung verkünden, dann
wäre ihnen der Applaus der Experten sicher. Mit einer
Bildungsoffensive lässt sich bekanntlich keine Wahl gewinnen. Doch da
andere Zuckerln dem Wähler auch nicht besser schmecken, könnte die
Regierung gleich das Richtige tun.
Quelle: APA-OTS, Aussender: "Der Standard" , Autor: Eric Frey
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