7. Mai 2013

Der Standard - Kommentar: Schwarze Selbstbeschwörung

Die ÖVP bläst sich unverdrossen ihren Rückenwind herbei

Wien (OTS) - Die ÖVP ist - anderslautenden Selbstdarstellungen zum Trotz - in einem schrecklichen Zustand. Ein blasser, nichtssagender Parteichef, der keine Richtung vorgibt. Keine echten Themen, stattdessen Placebos und Scheindebatten. Und ein echtes Personalproblem: Maria Fekter ist in ihrer politischen Rüpelhaftigkeit unberechenbar, Nikolaus Berlakovich ist über die Entwicklungsphase eines blutigen Dilettanten nie hinausgekommen. Der Parteichef muss sich bei jedem Auftritt der beiden fürchten.


Die ÖVP hat als einzige Partei heuer jede Wahl verloren. Es setzte Verluste in Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Salzburg. Die SPÖ gewann wenigstens in Kärnten dazu, die FPÖ immerhin in Salzburg, die Grünen legten sogar bei jedem Wahlgang zu. Nur die ÖVP verlor überall. Dennoch steht die ÖVP jetzt als Sieger da. Das ist überraschend. Michael Spindelegger freut sich ganz unverfroren, er wird nicht einmal rot dabei.

 Das können die Schwarzen: Ihren Botschaften von der Realität gänzlich unbeeindruckt den richtigen Drall geben. Vor ein paar Jahren sagte man noch Spin dazu. Den haben sie echt drauf. Insgesamt verlor die Volkspartei bei den vier Landtagswahlen mehr als 100.000 Stimmen. Spindelegger versucht dennoch eine Erfolgsgeschichte zu erzählen. Der positive Dreh ergibt sich einzig aus dem Umstand, dass die Verluste jeweils weniger schlimm ausgefallen sind, als erwartet worden war. Relativierend muss man einfügen, dass Erwin Pröll in Niederösterreich immerhin die absolute Mehrheit halten konnte und dass Wilfried Haslauer in Salzburg neuer Landeshauptmann wird. Ja, das stimmt. Das sind Erfolge. Aber das Fürstentum Niederösterreich liegt politisch gesehen ohnehin in einer anderen Galaxis. Und in Salzburg ist die Gnade des ersten Platzes nur dem Totalversagen der SPÖ unter Gabi Burgstaller geschuldet. Spindelegger und seine Parteifreunde können sich auf keinerlei Eigenleistung berufen. Dass die ÖVP auf Bundesebene in der allgemeinen Wahrnehmung überhaupt noch auf Platz zwei liegt, hat sie ebenfalls nicht der eigenen Stärke oder ihrer Themenführerschaft zu verdanken, sondern den schweren Erosionsprozessen, denen die FPÖ derzeit ausgesetzt ist.

Was Spindelegger sympathisch macht, ist neben seiner persönlichen Integrität die positive Sicht, die er pflegt. Man kann sagen: Er zelebriert die Zuversicht, manchmal bis an den Rand der Selbstverleugnung. Sonst hätte er die zwei schwierigen Jahre, die er als ÖVP-Obmann bereits hinter sich hat, nicht ohne Kratzer an der Psyche überstehen können. Damit die ÖVP den Rückenwind, den sie herbeibläst, auch nützen kann, muss Spindelegger endlich Leadership zeigen und Themen setzen. Er muss Fekter entschärfen und Berlakovich ein Auftrittsverbot erteilen oder ihn in die Grundlagen politischer Kommunikation einweihen. Ein neuerliches PR-Desaster wie "Sumsi-Gate" wäre für die Volkspartei im Wahlkampf ruinös.

Wenn die ÖVP Kraft aus Inhalten schöpfen will, muss sie Themen benennen und diese auch kommunizieren. Ihre Anliegen müssen begreifbar werden: Dafür steht die ÖVP. Und sie muss Emotionalität schaffen, um die Leute abzuholen. Damit ist nicht Mitleid gemeint, sondern jenes positive Aufbruchsgefühl, an dem sich auch Spindelegger aufrichtet, wenn er jeden Tag zur Arbeit geht und sich einredet, dass dieser Aufwand am Ende von Erfolg gekrönt sein wird.

Autor
Dieser Text wurde im "Standard" vom 7.5. publiziert, von Michael Völker verfasst und auch via APA OTS veröffentlicht.




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen