7. Mai 2013

Wie weit darf Journalismus gehen?

Die Tageszeitung "Österreich" berichtete vor einigen Tagen über den tot aufgefundenen Florian P., der zuvor als vermisst gemeldet wurde. Der "Bericht", der mit Journalismus offenbar sehr wenig zu tun hat, sorgt für enorme Aufregung - besonders bei Angehörigen des tragisch verunglückten Florian. 

Wie weit darf Journalismus gehen? Wo sind die Grenzen? Diesmal ist diese "Zeitung" eindeutig zuweit gegangen, menschliche Grenzen wurden missachtet und eigentlich sollten die Verfasser des angesprochenen Textes mit harten Konsequenzen zu rechnen haben. 

Nachstehend folgt das Posting, das der Bruder des Verstorbenen an die Pinnwand von "Österreich" gepostet hat - mit seinem schriftlichen Einverständnis wird hier darüber berichtet: 

Hinweis: Im Text werden immer wieder Stellen des "Artikels" angesprochen, dieser ist als Bild weiter unten zu finden!


"Sehr geehrtes ÖSTERREICH/oe24-Team!

Erneut möchte ich mich aufs Allerherzlichste für Ihre Berichterstattung bedanken, die qualitativ wieder einmal alle denkbaren Grenzen sprengt.

Ihr Artikel über das Auffinden von FLORIAN PANHOLZER zeichnet sich durch eine Fehlerhäufigkeit aus, dass einem Wissenden beim Lesen eigentlich das Weiße aus den Augen kommen muss.

Werden bei der Recherche Ihrer Artikel eigentlich ernstzunehmende Journalisten oder eine Stammtischrunde eines Samstag Abends zu Hilfe genommen?

Anbei ist der Ausschnitt Ihrer heutigen Ausgabe zu finden, in dem von MIR PERSÖNLICH satzweise markiert wurde (dass Sie es auch verstehen - es sind die GRÜNEN Bereiche!!) , an welchen Stellen dieser Artikel nicht der Wahrheit entspricht.

Eine kurze Zusammenfassung:
- Interessanterweise wissen Sie, obwohl nie ein Gespräch stattgefunden hat, genau, wie die Familie über das Untersuchungsergebnis denkt (erster markierter Satz) - Nicht schlecht, wollen wir uns nicht mal auf einen Kaffee verabreden? Vielleicht erfahre ich dann noch ein paar Details von euch über meine Familie, die ich noch nicht wusste ...

- Trotz Ihrer, wie ich mir sicher bin, umfassenden und hochwertigen Recherche, ist es zu Ihnen offenbar noch nicht durchgedrungen, dass der "Eventort" NICHT Großriedenthal war (zweiter markierter Satz).

- Er MUSS an seinem Elternhaus vorbeigekommen sein? Kleiner Tipp: Ein Blick auf Google Maps verrät, dass er das NICHT MUSS, wenn er noch einmal auf dem Weg war. Aber dank Ihrer hervorragenden Recherche wissen Sie das natürlich besser als ich! (dritter markierter Satz)

- Er ist über den Zaun der Biogasanlage geklettert? (vierter markierter Satz) Wenn Sie das so definitiv sagen können, dann schicken sie mir bitte eine private Nachricht auf Facebook mit dem richtigen Tipp für die nächste Euromillionen-Ziehung, ich schick dann auch ein kleines Trinkgeld an die Redaktion ;)

- Markierung am Bild unten über den Fundort: Wieder ein Ergebnis Ihrer beispiellosen Recherche?

- "Interview" mit Martina P.: Wie weit die Geilheit der Medien heute offenbar wirklich geht, sieht man daran, dass es nie ein Interview gegeben hat, sondern der von Ihnen ausgesandte Parasit an der Gartentür von ihr abgehalten und an die Pressestelle der Polizei verwiesen wurde.

In diesem Sinne noch einmal ein herzliches Dankeschön an alle in Ihrem Team, mir kommen die Tränen, wenn ich diesen Bericht nochmal lese ...

Mit freundlichen Grüßen
Benjamin Panholzer

PS: Ich hab es im Kindergarten geschafft, ein Mandala auszumalen, ohne über die Vorlage hinaus zu zeichnen, kann ich jetzt bei euch als Journalist anfangen??"


Bildquelle: Benjamin P.


All das, hat mit Journalismus nichtsmehr zu tun. Dessen sollten wir uns alle bewusst sein. Nur weil etwas kostenlos angeboten wird, macht es nicht Sinn, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen.


Herzliches Beileid an alle Hinterbliebenen, die in dieser schweren Zeit auch noch mit solch egoistischen, selbsternannten "Journalisten" zu kämpfen habe.






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