21. August 2012

Blogreihe: Isreal und Palästina

Hier folgt der erste Eintrag von Bloggerin Teresa Mayr, die in Zukunft jede Woche einen Text aus Tulkarem auf der Plattform veröffentlichen wird.

Freitags in Kafr Quaddum
Seit einem guten Jahr wird jeden Freitag in Kafr Qaddum demonstriert. Im Juli 2011 haben einige Leute des Ortes, der im Qalqyilia Bezirk liegt, beschlossen gegen eine Straßensperre zu demonstrieren, die das israelische Militär während der 2. Intifada errichtet hat.

Die Sperre befindet sich am oestlichen Eingag ins Dorf, auf einer Strasse die den Ort Kafr Qaddum mit den Nachbarorten Jit und Sarra verbindet. Die Errichtung dieser Straßensperre hatte zur Folge, dass ein Weg von 3 Minuten zu einem Umweg von 15 km wurde. Ausserdem stieg dadurch nicht nur der Preis für den Schulbus um das 6-fache an, sondern es entstand so auch ein Umweg für jene Leute die zum Arbeiten nach Nablus fahren.

Das israelische Militär rechtfertigt die Straßensperre mit Sicherheitsgründen. Die Strasse führt durch die, unter internationalem Recht illegale israelische Siedlung ’Qedumim’.

Die Anzahl der Demonstranten variiert von Woche zu Woche und ist vor allem während des Ramadans geringer. Jedoch wird die Demonstration meistens von internationalen Leuten des ISM und auch israelischen Aktivisten unterstützt, wie zum Beispiel von Mitgliedern der AATW.



Demonstranten marschieren Richtung Ende des Dorfes und Straßensperre. 10. August 2012. Photo by T. Mayr

Bevor sich die Männer des Dorfes nach dem Freitagsgebet auf den Weg zur Demonstration machen, sind üblicherweise um die Dutzend Jungs zwischen 7 und 15 Jahren auf der Strasse. Sie legen Steine auf die Strasse, welche das Vorankommen von militärischen Jeeps verhindern soll. Manchmal liefern sie sich auch schon im Vorfeld der Demonstration eine kleine ‘Schlacht’ mit den israelischen Soldaten. Das heisst die Kinder werfen unter anderem Steine gegen israelische Bulldozer, diese versuchen die Strasse frei zu machen um den Soldaten ein leichtes Vordringen gegen die Demonstranten zu ermöglichen. Es kommt auch vor, dass die Steine gegen voll montierte israelische Soldaten geschleudert werden. Folglich entsteht ein hin und her zwischen den Soldaten und den Kindern. Anschliessend treffen die Demonstranten ein und marschieren entlang der Strasse auf der sich einige 100m  ausserhalb des Dorfes die Straßensperre befindet. Meistens dauert es nur wenige Minuten und manchmal nur Sekunden bis die Soldaten mit dem Schiessen von Tränengas  beginnen. Häufig wird das Tränengas direkt gegen die Leute gefeuert, infolgedessen kommt es immer wieder zu Verletzungen. Ausserdem verwendet das israelische Militär seit einigen Wochen Gummigeschosse. Mehrfach kommt es zum Einsatz von ‘Geräuschbomben’ und ‘Stinkwasser’ von Seiten des Militärs. Zudem werden immer wieder Teilnehmer der Demonstration verhaftet.



Tränengas wird auf die Strasse, auf der die Demonstranten marschieren, geschossen. 10. August 2012. Photo by T. Mayr.

Während des Ramadans sieht die Sache ein wenig anders aus. Bevor die Demonstration beginnt gibt es kaum oder keine Aktivitäten von Jugendlichen auf der Strasse. Nichtsdestotrotz reagiert das israelische Militär mit Tränengas, Stinkwasser, Geräuschbomben und Gummigeschossen.



Traenengas, Demonstranten und im Hintergrund die illegale israelische Siedlung Qedumim. 10. August 2012. Photo by T. Mayr.

Regelmässig kommt das Militär in der Nacht nach Kafr Qaddum. Ab und zu um Lärm zu machen und Geräuschbomben zu schiessen. Ein anderes Mal um Jugendliche oder Erwachsene zu verhaften. Meistens haben die Soldaten um ihr Handeln zu rechtfertigen Fotos von der Demonstration dabei, die verschiedene Teilnehmer zeigt. Murad S. einer unserer Kontakte in Kafr Qaddum informiert uns darüber, dass das Militär gerade letzte Woche in einer Nacht kam und 4 junge Männer festgenommen hat. Sie sind bis jetzt noch immer in Haft und keiner weiss was ihnen vorgeworfen wird. Meistens lauten die Anschuldigungen: das Schleudern von Steinen oder Teilnahme an einer illegalen Demonstration, wobei es in der West Bank kaum möglich ist eine Genehmigung für eine Demonstration zu erhalten.



Die Soldaten machen sich bereit für ihren Abzug. 10. August 2012. Photo by T. Mayr.

Nach ungefähr 2 Stunden findet die Demonstration langsam ein Ende. An diesem Freitag gab es zum Glück so gut wie keine Verletzte. Einer der Demonstranten wurde mit einem Tränengaskanister direkt am Kopf getroffen, hat aber keine grössere Verletzung davon gezogen. Die Leute sind davon überzeugt, dass sie die Demonstration so lange fortsetzen wollen bis die Straßensperre beseitigt wird und somit die Strasse wieder offen ist.

Über die Autorin
Teresa Mayr ist seit Mitte Juni als EA (eappi.org) in Israel und Palaestina. Ein Team von 34 Menschen arbeitet in sieben verschiedenen Orten in der West Bank. Teresa Mayr studiert Internationale Entwicklung und Afrikawissenschaften an der Universität Wien.

Ihr Blog www.westbanktulkarem.wordpress.com enthält laufend neue Infos und Texte über aktuelle Ereignisse. Mit drei Kollegen aus Südafrika, Irland und Norwegen arbeitet Teresa Mayr  in Tulkarem, einer Stadt nordwestlich der West Bank.

In Zukunft wird es hier wöchentlich einen Beitrag von Teresa auf unserer Plattform geben. Danke auch an dieser Stelle nocheinmal an die Autorin!

6 Kommentare:

  1. Liebe Teresa

    vielen Dank für die Informationen
    kannst Du ein wenig von Deiner Arbeit erzählen, was genau Deine Aufgaben sind
    Betreust Du die Leute, oder stellst Du Informationen über das Leben in diesen Gebieten zusammen,
    gibt es regelmäßige Treffen mit den Ortsansässigen
    wie gefährlich ist es für Dich

    liebe Grüße aus Wien!
    take care

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  2. Liebe Inge,
    damit Deine Nachricht auch sicher bei Teresa ankommt, werd ich sie zusätzlich per Mail weiterleiten. Bin mir sicher, Teresa wird Dir rasch antworten! Freut mich, dass Dir die neue Blogserie gefällt!
    Schönen Abend und liebe Grüße,
    Plattform für Wirtschaft, Politik & Gesellschaft

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  3. Liebe Inge,

    zuerst danke fuer dein Interesse! Wir haben hier in Tulkarem verschiedene Aufgaben,
    -u.a. beobachten/berichten ueber die Situation an so genannten 'agricultural gates', diese 'Tore' sind fuer palaestinensische Farmer deren Land in der 'seam zone' liegt, d.h. zwischen der Gruenen Linie und der Mauer. Diese Tore sind nur zu bestimmten Zeiten vom israelischen Militaer geoffnet und beschraenken so den Zugang der Bauern zu ihrem Land. Immer wieder kommt es ausserdem zu verspaeteten Oeffnungszeiten dieser Tore und zu harschem Verhalten der Soldaten gegenueber der Bauern.
    -zusaetzlich beobachten/berichten wir ueber den Zustand vom 'Tayba Checkpoint', ein Kontrollpunkt durch den palaestinensische Arbeiter/innen muessen um in Israel zu arbeiten.
    -wir besuchen Doerfer die zu Tulkarem gehoeren und mit verschiedenen Problemen kaempfen, z.B.: Gewalt durch israelische Siedler oder das Militaer, 'house demolition orders'
    - Eappi (www.eappi.org) ist eine christliche Organisation und so haben wir regelmaessig Kontakt mit den einzigen 2 christlichen Familien in Tulkarem.

    wir treffen uns regelmaessig mit Ortsansaessigen und auch mit anderen Organisation, z.B.: B'tselem, Rabbi for Human Rights

    Auf meinem Blog gibt es noch einige Informationen:
    westbanktulkarem.wordpress.com
    und auch auf der Seite von eappi.org

    ich hoffe deine frage so weit beantwortet zu haben
    liebe gruesse aus tulkarem

    p.s.: bis jetzt fuehl ich mich sehr sicher hier und war so lange noch in keiner situation mit der ich nicht umgehen haette koennen.

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  4. ich hab den Text jetzt mehrfach gelesen. Ich verstehe den Sinn des Textes nicht. Da wählt ein Volk einen Präsidenten der mit eiserner Faust auch ausserhalb seines mit Gewalt eroberten Staates regiert. Iran und Syrien Krieg androht. Mit Gewalt schafft man keinen Frieden. Auch nicht bei Demonstrationen bei denen man Kinder vorschickt. Ich war mehrmals in Israel und bin von dem Land fasziniert. Die Menschen aber haben mich eher abgeschreckt. Die scheinen ihre Situation ja zu lieben anstatt sich zu versuchen zu arangieren.

    Also, meine Frage, was soll dieser Text hier bezwecken?

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  5. Lieber Harald,
    schön, dass Du den Text mehrfach gelesen hast, schade, dass Du ihn nicht verstehst.
    Ganz so einfach, wie Du die Situation in zwei Sätzen zusammenfasst, ist das wohl nicht. Zu behaupten, dass die Menschen dort "ihre Situation lieben" ist mehr als grenzwertig und knapp an der "Plattform-Zensur" vorbeischrammend.

    Dieser Text ist ein aktueller Situationsbericht, von einer mutigen Autorin die jetzt gerade dort vor Ort ist. Das sind Ihr Bilder, Ihre Meinung, Ihre Eindrücke - bisher gab es nur positives Feedback, schade, dass Du so negativ über den Text denkst. Deine Wortwahl ist sehr radikal und überzogen, die solltest Du bei zukünftigen Kommentaren auf der Plattform vielleicht bitte etwas überdenken und mäßigen, danke.

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  6. Hallo Harald,

    ich bin seit gut 2 Monaten hier in Israel und Palaestina. Der Zweck dieses Textes ist es vor allem von Geschichten aus der West Bank, im besonderen in der Region in und um Tulkarem zu berichten die es sonst nicht in unsere Medien schaffen.
    Dein Kommentar 'Die Menschen haben mich eher abgeschreckt' ist sehr verallgemeinert und ich kann fuer mich sagen, dass ich bis jetzt viele Leute kennengelernt habe die mich seh beeindruckt haben!
    Lg

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