23. August 2012

"Diesmal hatten wir Glück..." - Blogreihe Israel und Palästina

Es war am Montag um Mitternacht, als ein Bewohner des Dorfes Far’ata, Qalqilya Gouvernment, ein Feuer am Gartentor seines Bruders sah. Er sah nicht nur das Feuer, sondern auch zwei israelische Siedler welche das Feuer entfachten. Kurz zuvor hatten sie Diesel  über den Plastik-Fussabtreter gegossen. Sie haben eine Schnur in Diesel getränkt und diese dann von einiger Entfernung angezündet. Dabei waren sie nicht ganz alleine, etwa 15 andere Siedler, welche in Outposts der illegalen israelischen Siedlung Havat Gilad leben, haben dabei zugesehen.

Als der Besitzer des Hauses, Fariz Taweel, das Feuer bemerkte, hat sein Bruder bereits andere Leute aus dem Dorf über die Ereignisse informiert. Ausserdem hat er den Vorfall an die israelische Zivilverwaltung (DCO) gemeldet. In dem Moment, in dem die Bewohner aus dem Dorf eintrafen, zogen sich die israelischen Siedler zurück. Rund eine Stunde später traf das israelische Militär ein.

Einige Bewohner aus Far’ata hatten zuvor Stöcke vom Boden aufgehoben, um sich gegen eventuelle Angriffe durch die Siedler verteidigen zu können. Daraufhin wurden sie von den Soldaten zurechtgewiesen, dass sie sich nicht gegen die Siedler wehren dürfen, selbst wenn diese das ganze Haus in Flammen setzen sollten.

Wie bei allen anderen Vorfällen dieser Art wird sich am nächsten Tag der Betroffene am Weg zur Polizeistation, in die israelische Siedlung Qedumim, machen. Das Ereignis wird im System erfasst. Allerdings informiert uns Azeaz, ein Bruder des Hausbesitzers der ebenfalls in Far’ata wohnt, dass es keinen Unterschied macht, ob der Vorfall gemeldet wird oder nicht. Denn frühere Vorfälle, bei denen Siedler Eigentum von Palästinensern beschädigt haben, wurden trotz Bericht an die israelische Polizei, nicht weiter verfolgt. Laut UN OCHA werden 90% der von Palästinensern an die israelische Polizei gemeldeten Fälle bezüglich Gewalt durch Siedler ohne Anklage geschlossen.1

Far’ata ist ein Dorf mit circa 700 Einwohnern.  Die meisten Bewohner hier leben von der Landwirtschaft. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Angriffen von israelischen Siedlern gegen palästinensisches Eigentum. So haben im letzten Jahr Siedler mehrere Olivenbäume entwurzelt. Vor allem während der Olivenernte kommt es häufig zu Zwischenfällen.  Zudem müssen jene Leute, deren Land in der Nähe der illegalen Siedlung Havat Gilad liegt, um ihre Oliven zu ernten, um eine Genehmigung bei der israelischen Zivilverwaltung ansuchen. Meistens werden etwa 7 bis 10 Tage für die Ernte der Oliven gewährt. Die Landwirte beklagen sich, dass diese Zeit nicht ausreichend ist. Ausserdem wünschen sich alle, dass sie ihr Land betreten können wann immer sie wollen.

Manchmal kommen die Siedler und zerstören Fensterscheiben. Deshalb haben viele Leute ihre Fenster vergittert. Auf der Strasse, auf der sich das Haus von Fariz befindet spielen die Kinder nicht mehr im Freien, weil sie Angst vor Angriffen durch die Siedler haben. Dieses Mal ist nichts passiert und das vielleicht nur deshalb, weil sich Diesel nicht zum Brennen eignet. Azeaz sagt, dass “wir dieses Mal Glück hatten, aber wer weiss was in der Zukunft sein wird … Jedes mal wenn ich zur Arbeit fahre habe ich Angst, was während meiner Abwesenheit passieren könnte.”



Azeaz und ein Verwandter, Ahmed. Am Boden, am Tor und an den Blättern sind noch die Reste des Feuers zu sehen. 22. Aug 2012. Photo by T Mayr.

 

Über die Autorin
Teresa Mayr ist seit Mitte Juni als EA (eappi.org) in Israel und Palaestina. Ein Team von 34 Menschen arbeitet in sieben verschiedenen Orten in der West Bank. Teresa Mayr studiert Internationale Entwicklung und Afrikawissenschaften an der Universität Wien.
Ihr Blog www.westbanktulkarem.wordpress.com enthält laufend neue Infos und Texte über aktuelle Ereignisse. Mit drei Kollegen aus Südafrika, Irland und Norwegen arbeitet Teresa Mayr  in Tulkarem, einer Stadt nordwestlich der West Bank.

Laufend gibt es momentan neue Beiträge der Autorin
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Danke auch an dieser Stelle nocheinmal an Teresa!


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