Die bevorstehende Volksbefragung, die offensichtlich einem Zuviel an "Spritzwein" entsprungen ist, lässt nur die Wahl zwischen "Alles soll bleiben wie es ist", was eine veränderungsresistente Grundhaltung sichtbar macht, einerseits und einem "Vorwärts" Zurück!" in längst vergangene Zeiten andererseits, was wiederum einen erschreckenden Rückschritt der Partei zeigt, die einst "mutig in die neuen Zeiten" schreiten wollte; es fehlt jeglicher Ansatz einer zukunftsgerichteten Perspektive, die an der Verwirklichung einer gerechten, sozialen und deshalb (!) friedlichen Gesellschaft des 21. Jhdts. orientiert ist. Durch ihr "Bäumchen wechsel dich"-Spiel untergraben ÖVP und SPÖ selbst – soweit überhaupt noch vorhanden – den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit; ihre ideologische Inhaltsleere, die Beliebigkeit und Austauschbarkeit der jeweiligen Positionen ist offensichtlich.
Für die ÖVP waren Zivildiener bisher immer Drückeberger, deren pazifistischer Gesinnung man lange Zeit hindurch durch "Gewissensprüfungen" auf den Zahl fühlen zu müssen glaubte; für diese Partei waren Zivildiener immer in der Nähe von "Vaterlandsverrätern" und Deserteuren angesiedelt – jetzt hängt plötzlich das Schicksal des Sozialstaates an der Einrichtung des Zivildienstes, der aber – warum wohl? – weiterhin länger dauern muss als der Wehrdienst, also anscheinend doch "2. Wahl" ist.
Die sozialistische Bewegung, die in ihrer Geschichte immer einen
starken pazifistisch gesinnten Zweig hatte und bis vor kurzem ein Berufsheer
wie der Teufel das Weihwasser scheute, geht jetzt für ein solches auf die
Barrikaden. "Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing." Warum
irgendein Parteiprogramm lesen (gibt es überhaupt ein solches?), wenn morgen
schon die genau gegenteilige Position vertreten werden kann? Dem
"flexiblen Menschen", den die Wirtschaft verlangt, entspricht die
"flexible Partei", die sich geschmeidig dem jeweiligen
"Zeitgeist" anpasst, vorgegeben durch kleinkarierte Massenmedien, A...-kriecher
ohne Rückgrat, ohne Überzeugung. Da ist es nur konsequent, dass ein greiser
Milliardär, der Schlagworte als Programm ausgibt, sein Geld in der Schweiz
"geparkt" hat, von sich selbst sagt, dass er keine politische
Funktion übernehmen, also den Staat wie einen Wirtschaftsbetrieb durch seine
Lohnempfänger führen will, sich "seine" Politiker kauft.
Zurück zur Volksabstimmung mit seiner Alternative Berufsheer und
Sozialdienst einerseits, allgemeiner Wehrpflicht und Zivildienst andererseits.
Zu letzterer, der Wehrpflicht: Jeder, der Wehrdienst geleistet hat, weiß aus
eigener Erfahrung, dass es – meist abgesehen von der relativ kurzen Zeit der
Grundausbildung – eine völlig verlorene Zeit des Nichtstuns und Herumlungerns
ist, voll von sinnlosem Zeit-Totschlagen, oft auch noch den Launen und
Schikanen der Ausbildner/Berufssoldaten ausgeliefert, die im üblichen
Berufsleben im Handumdrehen wegen Unfähigkeit gekündigt würden. Es ist auch
allgemein bekannt, dass dieses Heer, das immer schon finanziell äußerst kurz
gehalten (abgesehen von der Schnapsidee des Kaufs der Abfangjäger, an dem sich
einzelne Politiker, Lobbyisten usw. bereichert haben) bis ausgehungert wurde,
eine längst überfällige Reform bräuchte, aber unreformierbar ist, weil jedes Heer per se (!) eine stupide, menschenverachtende, gesellschaftliche
Werte zerstörende Institution ist; nicht umsonst nannte Einstein das Militär
die Institution, die er am meisten verachte. Es genügt, sich das aktuelle
Geschehen in Syrien oder die weltweiten Militäreinsätze der USA die letzten
Jahrzehnte hindurch anzusehen: Mit militärischer Gewalt ist kein Friede und
keine gerechte Gesellschaft zu schaffen, im Gegenteil. Wenn wir das aus den
letzten Jahrtausenden der Geschichte nicht gelernt haben, ist uns wirklich nicht
zu helfen. "Friede ist das Werk der Gerechtigkeit."
Zum Berufsheer: Hier wird ein falscher, irreführender Begriff
verwendet; es handelt sich schlicht und einfach um ein Söldnerheer, wie es
schon im Altertum und Mittelalters bekannt war, also um eine Gruppe von
Menschen, die sich gegen Bezahlung für das "Kriegshandwerk" (auch
eine bedenkenswerte Bezeichnung) kaufen lassen. Soldat-sein ist kein Beruf wie
Postbeamter, Lehrer oder Maurer; jeder Soldat hat es – ob er will oder nicht –
mit Töten zu tun, wenn auch unter dem Vorwand (!) der Verteidigung von
"Heimat" (wie weit ist damit nicht überholtes nationalstaatliches
Denken verbunden?), Frauen (was sagt die Frauenbewegung dazu? Warum schweigt
sie in dieser Angelegenheit?) und Kindern. Und ist es menschliches, "gutes"
Handeln, wenn ich im Zuge der "Verteidigung" von Heimat, Frauen und
Kindern die Heimat des "Feindes" (der mir persönlich ja gar nichts
getan hat, also nicht mein Feind ist) verwüste, seine Frauen und Kinder töte?
Denken wir immer noch im Freund-Feind-Schema? Haben wir immer noch die alten
Kategorien im Kopf: Wir, die "Guten", die "anderen" die
"Bösen"; Inländer und Ausländer; Fremde – wer ist das: ein
"Fremder"? Für wen bin ich ein "Fremder"? Sollten all diese
Kategorien nicht längst der Vergangenheit angehören?
Mir fehlt bei dieser Volksbefragung (die im Grunde genommen ein Zeichen
für die Armseligkeit unserer Politiker ist, die wir immer noch – wie lange
noch? – bezahlen) eine zukunftsgerichtete, tatsächliche Veränderung schaffende
Alternative zu der auf bloße Bewahrung des status-quo einerseits, andererseits
reaktionär auf ein Söldnerheer ausgerichteten Fragestellung. Ich schlage vor:
1) Ersatzlose Abschaffung des Bundesheeres; Überführung der
Berufssoldaten in andere Berufe oder ihre Frühpensionierung (auf die paar kommt's
auch nicht mehr an); die Mittel, die bis jetzt dem Bundesheer zur Verfügung
standen, würden dafür sicherlich ausreichen.
2) Schaffung eines halb- oder einjährigen Sozialdienstes für junge
Frauen (!) und Männer, damit bewusst wird, dass wir in einer Gemeinschaft
leben, der Staat keine Verwaltungsorganisation ist, sondern ein Gemeinwesen,
von dem wir alle, jeder einzelne, etwas bekommen (Ausbildung, Arbeit, soziale
Sicherheit, ...) und dem wir, jeder einzelne, etwas geben ("Solidargemeinschaft").
Dieser Sozialdienst muss angemessen bezahlt werden; die Teilnehmer müssen eine
entsprechend intensive Einführung in die jeweilige Tätigkeit und eine gute
Begleitung (Supervision) dieser Tätigkeit erhalten.
3) Massiver Ausbau der internationalen Entwicklungszusammenarbeit; damit
verbunden Überwindung des engstirnigen, kleinkarierten, auf den eigenen Vorteil
bedachten nationalstaatlichen Denkens; Weitung des Horizonts in jeder Hinsicht.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Punkte ein wichtiger Schritt zur
Verwirklichung einer zeitgemäßen, friedlichen und gerechten Gesellschaft sind;
mit ihnen wäre echter Fortschritt verbunden und nicht bloßes Bewahren, was ja
nichts anderes als Stillstand, der Zeichen einer sklerotischen Gesellschaft
ist, bedeutet. Österreich als kleines, neutrales (was heißt das?) Land hätte
die besten Voraussetzungen, diesen Schritt zu gehen.
Ich weiß: "You may say,
I am a dreamer ..." – aber ich
sage: Die sogenannten "Realisten" haben schon mehr als genug Unheil
in der Welt angerichtet; es ist Zeit für einen echten Paradigmenwechsel. Diese
Volksbefragung ist kein Beitrag dazu.
Autor
Mag. Michael Salvesberger leitet den Verlag "Edition Weinviertel" sowie "Edition Neue Wege" und verfasste selbst Bücher wie "Wird die Kirche zum Grab Gottes?".
Autor
Mag. Michael Salvesberger leitet den Verlag "Edition Weinviertel" sowie "Edition Neue Wege" und verfasste selbst Bücher wie "Wird die Kirche zum Grab Gottes?".
Sehr guter Beitrag! Kann allen 3 Punkten nur absolut zustimmen. Nur eines: Anstatt die Soldaten in Frühpension zu schicken, sollten alle in die Feuerwehr eingegliedert werden, und Katastrophenschutz / Katastrophenhilfe übernehmen.
AntwortenLöschenAnsonsten wäre ich sofort dabei: Wo darf ich das Kreuzchen machen?
ja, das wäre eine tolle variante - wobei ich den punkt 2 nicht ganz so sehe. frauen leisten den sozialdienst üblicherweise ihr ganzes leben. zuerst bei den kindern, später pflegen sie die eltern. viel zu selten greifen die männer da zu. der einzige unterschied wird sein, dass sie den verpflichtenden teil bezahlt bekommen. schlecht, aber doch. die männer werden ihren verdienst anschließend verbessern. die frauen????
AntwortenLöschenAbsolut großartig, danke!
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