7. Januar 2013

Wenn sich etwas ändern soll, muss sich etwas ändern!


„Volksbefragung“, ein wundervoll romantisch klingender Begriff. Ein direktdemokratisches Instrument, deren Intention es ist, der Bevölkerung Mitsprache und auch Einflussnahme auf eine bedeutsame politische Frage zu ermöglichen.

Genauer betrachtet jedoch erkenne ich sehr wenig von diesen löblichen Ambitionen in der hitzigen Debatte zur Volksbefragung über die Wehrpflicht. Ich zweifle stark daran, dass die Entscheidung, diese Befragung durchzuführen, aus dem Wunsch unserer PolitikerInnen entstanden ist, die Menschen in Österreich stärker einzubeziehen. Ich möchte ihnen nicht vorwerfen, dass sie nicht verstanden haben was die eigentliche Idee einer solchen Befragung ist. Denn ich glaube die meisten sind intelligent genug das zu verstehen. Ich möchte ihnen vielmehr vorwerfen, dass sie diesen demokratischen Baustein zu einem populistischen Werkzeug der übelsten Sorte verkommen lassen.


Natürlich ist es schwierig, im politischen Haifischbecken, in dem mehr und mehr Teilnehmende populistisch und äußerst fragwürdig vorgehen, seriöse Politik zu machen. Doch sollten nachhaltig orientierte und verantwortungsbewusste Regierungsparteien, als solche sich  SPÖ und ÖVP ja selbst gerne darstellen, anders vorgehen wenn sie diesem Anspruch auch  tatsächlich gerecht werden wollen.
Nicht fähig aus ihren ideologischen Schützengräben herauszutreten und endlich ihren Aufgaben nachzukommen, Kompromisse zu finden und in weiterer Folge Entscheidungen zu treffen, wälzen unsere VolksvertreterInnen politisch höchst sensible und äußerst komplexe Fragen, die eigentlich ein großes Fachwissen erfordern, auf die Bevölkerung ab. Ein bejammernswerter Versuch sich der politischen Verantwortung zu entziehen und sich so über die nächsten Wahlen zu retten! Und dabei halten sie es nicht einmal für nötig ausreichend Informationen zur Verfügung zu stellen. Doch sie scheinen damit durchzukommen. Viele jubeln gar über eine Stärkung der „direkten Demokratie“. Soweit hat uns der Populismus gebracht!

Wie sollte man nun abstimmen, da wir ja sowieso vor vollendete Tatsachen gestellt werden? Eine schwierige Herausforderung! Auch deshalb weil die  Fragestellung, so wie sie gewählt wurde, den eigentlichen Kern der Sache vollkommen verwässert. „Wehrpflicht“ wird leider ständig im gleichen Atemzug mit Zivildienst und der Sicherung sozialer Infrastruktur genannt. Ich glaube diese Themen sollten endlich entkoppelt werden, denn es sind nun einmal verschiedene Dinge. Natürlich, unter der momentanen Regelung hängen diese Fragen eng zusammen, doch wer sagt, dass sie es auch weiterhin müssen? Die Frage sollte sich beschränken und nur heißen: „Wollen wir ein Berufsheer oder sind wir für die Beibehaltung der Wehrpflicht?“ Wenn die Wehrpflicht fällt, dann heißt das logischerweise auch, dass Zivildienst und Co neu organisiert werden müssen. Selbstverständlich wird dies nicht reibungslos und ohne Irritationen vonstatten gehen. Das auszuhandeln ist Job von PolitikerInnen und ExpertInnen, nicht unserer! Wir stehen dabei gerne beratend zur Verfügung, in Form einer aufrichtigen, ihrem Sinne entsprechenden Volksbefragung.

In so vielen Bereichen unserer Gesellschaft, egal ob Bildung, Verwaltung, Gesundheit oder Pension,  herrscht seit Jahrzehnten politischer Stillstand. Meist, so glaube ich, aus den selben Gründen: Angst vor Veränderung, Bewahrung tradierter Privilegien, Ignoranz, politisches Kalkül! Nun also haben wir am 20. Jänner die zweifelhafte „Chance“ in einem dieser Bereiche einen Prozess in Gang zu bringen der so sicherlich nicht endgültig ist. Ich kann nicht sagen ob ein neues Modell eine nachhaltige Verbesserung bringt, auch aufgrund fehlender, bzw. kaum aufzutreibender Informationen. Wer allerdings unvoreingenommen und rational über den Tellerrand der österreichischen Grenzen hinaussieht, kann durchaus Tendenzen erkennen in welche Richtung es gehen könnte. Ich weiß auch, dass im momentanen System sehr viele Ineffizienzen und Fehler vorhanden sind. Wenn wir dabei bleiben, tun wir genau das, was so viele von uns ständig bemängeln. Wir meißeln in Stein. Wir begraben jede Chance auf Wandel für sehr, sehr lange Zeit. Hier geht es nicht um Ideologien und Parteilinien, hier geht es darum uns nicht selber Zukunftschancen zunichte zu machen.

Schon Georg Christoph Lichtenberg (Mathematiker/Schriftsteller, 1742-1799) wusste nicht ob es besser wird, wenn es anders wird. Doch wusste er, dass es anders werden muss, wenn es gut werden soll. Wollen wir nicht alle, dass es gut wird? Hoffen wir also auf Veränderung.

Autor
Lukas Fleisch, 24 Jahre, Student der Politikwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften

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