1. Juli 2013

WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Wie gut, dass es Wahlen gibt - von Günter Fritz

Ist der Sinn auch fraglich - einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul 

Wien (OTS) - Jetzt gibt es also auch ein kleines Hilfspaket für die heimische Tourismuswirtschaft - ganz im Sinne des großen Konjunkturpakets, dass die Regierung jüngst geschnürt hat. Der erfolgsverwöhnten Tourismusbranche, die in den vergangenen Jahren von einem Rekord zum nächsten geeilt ist, drohen nämlich aufgrund der Wetterkapriolen im Mai und Juni sowie der Hochwasserkatastrophe empfindliche Einbußen in der heurigen Sommersaison. Das Buchungsverhalten lässt zu wünschen übrig und ein neuerliches Nächtigungs- und Umsatzplus ist alles andere als wahrscheinlich. Das ist natürlich weder für die Betriebe erfreulich noch für die Funktionäre und Politiker, die sich gerne im Licht von Positivmeldungen sonnen. 


Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat nun schnell 500.000 Euro in die Hand genommen, damit die Österreich Werbung (ÖW) ebenso schnell im Radio und Internet mit dem Slogan "Jetzt.Österreich" Urlauber in die Alpenrepublik locken soll - und zwar vornehmlich solche aus dem Inland und dem süddeutschen Raum. Dabei fordern Tourismusbetriebe und -verantwortliche aus den Ländern sowie die Österreichische Hoteliervereinigung schon seit Jahren, die ÖW solle ihr Marketing mehr auf die Fernmärkte fokussieren und ihnen das Inland überlassen. Doch die Österreicher und die Deutschen sind als Stammgäste eine sichere Bank, wie die letzten Zuwächse zeigen. 

Das weiß auch die ÖW, die 25 Millionen Euro in die Bewerbung der Sommersaison steckt und sich über jeden Euro zusätzlich freut. Immerhin wurde ihr Budget seit zehn Jahren nicht aufgestockt, was in der Branche konsequent, aber vergeblich kritisiert wird. Deshalb machen auch alle zum Sonderbudget weitgehend freundliche Nasenlöser. Mag die Sinnhaftigkeit auch fraglich sein: Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier wie auch beim großen - von Wirtschaftsexperten skeptisch betrachteten - Konjunkturpaket mehr um politischen Aktionismus geht als um nachhaltige Strategie. Zur Ehrenrettung der Regierung muss zwar erwähnt werden, dass sie sich weder die Alpine-Pleite noch das Hochwasser bestellt hat. Politprofis wissen aber, wie sie solche Katastrophen für sich nutzen können. Insbesondere, wenn Wahlen bevorstehen - dann werden bekanntlich gerne Zuckerln verteilt.

Quelle: APA-OTS, Aussender: WirtschaftsBlatt

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