2. Mai 2013

WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Das Zinsentief ist für immer

Nachstehend folgt der Leitartikel des "Wirtschaftsblatt", publiziert via APA OTS und verfasst von Andre Exner.
Am 2. Mai hat die EZB bekanntgegeben, dass der Leitzins auf nurnoch 0,5 Prozent gesenkt wird.


Nur tiefe Zinsen verhindern eine Eskalation der Schuldenkrise

Wien (OTS) - Mit 0,5 Prozent haben wir in Europa ab sofort die tiefsten Leitzinsen aller Zeiten, und die USA halten den Leitzinssatz seit Langem bei null bis 0,25 Prozent. Zugleich greifen EZB und Fed mit Stützkäufen auf dem Staatsanleihenmarkt ein. Trotzdem rätseln Analysten und Wirtschaftsforscher, wann Mario Draghi und Ben Bernanke die Leitzinsen wieder erhöhen werden. Dabei ist die Antwort ganz einfach: nie wieder.

Denn nur tiefe Zinsen und aktive Notenbanken können eine weitere Eskalation der Schuldenkrise in den USA und in der Eurozone verhindern. Mal ehrlich: Was würde in Europa passieren, würde die EZB nicht massiv Anleihen notleidender Staaten auf dem Sekundärmarkt aufkaufen? Was, wenn die Banken Italiens oder Spaniens nicht zu Nullzinsen Milliarden von der EZB bekommen würden, um diese in Anleihen Italiens und Spaniens zu stecken? Welche Folgen gar ein Ende des "Quantitative Easing" (QE), also des Gelddruckprogramms der Fed, für die USA hätte, hat jetzt die Washingtoner Behörde Treasury Borrowing Advisory Committe (TBAC) ausgerechnet: Würde die Fed nicht maßlos Staatsanleihen kaufen, stiege die Zinslast der Staatsschulden der USA von 1,6 auf 4,3 Prozent. Das wäre allein schon eine Verdreifachung.


Doch bei Langfristprognosen muss nicht nur die Zinslast, sondern auch der erwartete Anstieg des Schuldenstands berücksichtigt werden: Heuer muss die US-Regierung 205 Milliarden $ (das entspricht der Hälfte des österreichischen BIP, Anm.) in die Hand nehmen, um die Staatsschulden zu finanzieren - laut TBAC würde diese Summe sich ohne "QE" bis 2023 mehr als vervierfachen, auf 855 Milliarden $. Italien, Spanien und bald auch Frankreich stünden bei höheren Leitzinsen und höheren Finanzierungskosten vor ähnlichen Horrorszenarien.

In Wirklichkeit wissen das alles auch die Analysten und Wirtschaftsforscher längst. Sie wollen es nur nicht direkt kommunizieren. Doch durch die Blume sagen sie es bereits. "Die Fed wird so lange weiter Staats- und Immobilienpapiere aufkaufen, bis ihre Ziele für die Inflation und die Arbeitslosenquote in den USA erreicht werden", heißt es etwa im neuesten Kommentar des weltgrößten Fondsanbieters Fidelity. "So lange" - also für immer. Denn die genannten Ziele sind leider unerreichbar.



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