13. Mai 2013

DER STANDARD-Kommentar "Was Grüne sind und können" von Michael Völker

Wien (OTS) - Die Grünen sind in der Mitte angekommen. Wenn man aus Wien heraus- und ein wenig in die westlichen Bundesländer hineinschaut, dann mag das auch ideologisch gelten, da kann man die Grünen irgendwo zwischen SPÖ und ÖVP einordnen. Gerade diese Besinnung auf eine bürgerliche Wertehaltung, die Fokussierung auf Themen, die naheliegen und die Bürger vor Ort und im Land betreffen, hat dazu beigetragen, dass die Grünen in Kärnten, in Tirol und zuletzt in Salzburg Wahlerfolge einfahren und in der Mitte Platz finden konnten. Nur Niederösterreich ist und bleibt tiefschwarz ohne sichtbare Farbeinsprengsel. 
Bildquelle: austria-forum.org

Was bürgerlich auch heißen kann, haben die Grünen in Tirol und Salzburg gezeigt: Sie haben diesen gesellschaftspolitischen Bewusstseinszustand aus der ideologischen Enge und biederen Verklemmtheit befreit. Mit einem aktiven Interesse für die Umwelt - in jeder Hinsicht - kann eine bürgerliche Grundhaltung auch gut mit Attributen wie kreativ, bewusst, widerständig und engagiert korrespondieren. Recht lässig wurde so die frömmlerische Untertänigkeit, mit der konservative Stammhalter Politik und Gesellschaft in Geiselhaft genommen hatten, überwunden. Exponenten der Grünen haben vorgeführt, dass man Haltung zeigen kann, egal wo man im ideologischen Koordinatensystem, das in Österreich recht eng gerastert ist, eingeordnet wird. Das hat gerade auch im ländlichen Bereich, wo die Grünen jetzt ihre Erfolge einfahren, gut funktioniert. Dort werden sie nicht mehr als Widerspruch, sondern als logische Ergänzung, als Korrektiv verstanden. Diese Verbreiterung führt nun dazu, dass die Grünen auch in den Bundesländern Salzburg und Tirol mitregieren werden. Weil die Bürger das so wollen - nicht nur jene, die Grün gewählt haben, sondern wohl auch ein guter Teil jener, die nach wie vor Rot oder Schwarz ihre Stimme gegeben haben.


Dass die Grünen regieren können, haben sie gezeigt: In Bregenz, in Innsbruck, in Linz, selbst in Graz, wo die Koalition mit der ÖVP letztlich zerbrochen ist, und auch in Wien, wo die Partei medial und von der Opposition ordentlich hergewatscht wird. Grüne können mit Machtstrukturen und dem dazugehörigen Beamtenapparat umgehen. Man kann auch sagen: Sie haben sich arrangiert und angepasst. Der Effekt ist: Sie können ihre Anliegen abstimmen und umsetzen. Kurz gesagt: Sie können sich nicht nur benehmen, sie können auch auftreten. In der Sache kann man immer streiten. Dass sich die Grünen in Wien mit ihrem Verkehrskonzept, das eine Beruhigung (oder Verdrängung) des Autoverkehrs vorsieht, viele Feinde gemacht haben, ist klar. Das Konzept wurde vielleicht nicht gut kommuniziert, ist aber mutig und richtig.

Rot und Schwarz sind auf der Verliererstraße, in der Einzelwertung und erst recht im Doppelpack. Es wäre nur logisch und richtig, auch nach der Nationalratswahl im Herbst einen Dritten an der Regierung zu beteiligen. Diese Frage wird sich sehr nachdrücklich stellen: Wieder eine ideenlose Koalition der Verlierer und Dampfplauderer? Oder doch ein Projekt mit Verve und Anspruch? Die FPÖ hat nachdrücklich bewiesen, dass sie es nicht kann: Zum Regieren fehlen ihr Anstand und Verantwortungsbewusstsein. Frank Stronach ist, politisch gesehen, nicht zurechnungsfähig. Alle anderen sind zu klein. Bleiben nur die Grünen. 

Quelle: APA OTS Originaltext, publiziert von "Der Standard"



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