Frankfurt (ots) - Dass ein politisches Vorhaben so viel Applaus
erhält wie gestern der angestrebte Freihandelspakt zwischen USA und
EU, macht misstrauisch. Wenn dann noch EU-Kommissionschef José Manuel
Barroso über einen Gewinn für alle, einen "Win-Win", jubelt, wird man
erst recht argwöhnisch. Denn wenn tatsächlich nur einige unnötige
Regeln aufgehoben und unsinnige Zölle abgeschafft werden müssten, um
Europas Wachstum spürbar zu beschleunigen, drängt sich die Frage auf,
warum man nicht längst drauf gekommen ist.
Um eine Antwort zu finden, muss man ins Bewusstsein rufen, dass es
hier nicht um Nordkorea geht, sondern um die USA und die EU. Die
beanstandeten Regeln und Zölle existieren nicht wegen der Willkür
eines weltfremden Herrschers, sondern zur Sicherung organisierter
Interessen. Das macht sie zwar aus Sicht der Firmen, denen dadurch
der Zugang zu Märkten versperrt wird, keinen Deut besser.
Aber es
führt vor Augen, wie schwierig es werden dürfte, sie aufzuheben oder
zu korrigieren. Proteste sind programmiert. Ob von Amerikanern,
sobald der Zuschlag für einen US-Staatsauftrag nach Frankfurt geht.
Oder von Europäern, sobald geklontes oder gechlortes Fleisch in die
EU eingeführt werden soll. Kurzum: Die Umsetzung des Pakts wird noch
viel vertrackter, als es Barroso einräumt und die feierlichen
Erklärungen andeuten. Zudem ist die Warnung ernst zu nehmen, eine
wachsende Zahl bilateraler Absprachen lasse die Hoffnung auf globale
Absprachen weiter schwinden.
So weit, so schlecht.
Und doch verdient der Plan für eine transatlantische Freihandelszone
zu Recht Beifall. Erstens ist die Chance wahrscheinlich höher als
früher, dass dabei überhaupt etwas rauskommt. Denn die EU und die USA
spüren den Aufstieg der Schwellenländer und sind daher mehr denn je
aufeinander angewiesen. Zweitens stehen beide Wirtschaftsblöcke unter
Druck, weil sie dringend zusätzliches Wachstum generieren müssen.
Drittens bietet die bewusste Entscheidung für einen breiten,
umfassenden Ansatz die Möglichkeit, größere Pakete zusammenzustellen,
die für beide Parteien Nutzen stiften - statt sich in der
Kleinteiligkeit eines engen Handelsstreits zu verkämpfen. Und
viertens ist die starke Ausrichtung des Pakts auf den Abgleich
technischer Standards ein richtiger Ansatz. Denn noch haben EU und
USA international die kritische Masse. Sobald sie einig sind, müssen
andere nachziehen. Zumindest in dieser Hinsicht wird der
Freihandelspakt zwar kein Gewinn für alle sein, aber immerhin für
beide Beteiligten.
Autor
Detlef Fechtner schreibt für die Börsen Zeitung, die diesen Text auch herausgegeben hat.
Quelle: APA-OTS
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