Wer kennt sie nicht? Erfolgsorientierte Mitmenschen, die stets
bestrebt sind, die Karriereleiter schneller aufzusteigen als andere. An
sich ist dieser Wettbewerbsgedanke und das Streben nach Erfolg und
beruflicher Weiterentwicklung eine gute Sache, fördert es doch im
Allgemeinen die Produktivität und liefert Ziele im Leben, die man durch
Fleiß oder Beharrlichkeit erreichen kann. Doch viele werden auch den ein
oder anderen kennen, dessen beruflicher Werdegang von seinen Kollegen
nicht nur neidisch, sondern vor allem auch frustriert, wütend,
enttäuscht oder desillusioniert verfolgt wird. Solche Kollegen sind
meist jene, die ihren Erfolg nicht (nur) der eigenen Leistung, sondern
vor allem den rücksichtslosen Ellenbogentechniken verdanken, derer sie
sich bedienen.
Was sind eigentlich „Ellenbogentechniken?“
Nun der Begriff kommt eigentlich daher, dass man gemeinsam mit anderen
ein Ziel hat, dieses jedoch für sich alleine beansprucht. Ob zu recht,
oder vermeintlich haben jene Personen das Gefühl, dass nur sie selber
ein Recht auf dieses ersehnte Ziel haben, und alle anderen sich
eigentlich hinten anzustellen haben. Um dieses Ziel zu erreichen,
versucht man, seine eigenen Position gegenüber den Mitbewerbern
künstlich positiv zu verändern.
Diese Positionsveränderung wird jedoch
nicht, wie man es bei vernunftbegabten Menschen annehmen sollte, durch
positive Präsentation der eigenen Werke und Erfolge vollzogen, sondern
durch, den Mitwerbern gegenüber, unfairen Mitteln.
Das beliebteste
unfaire Mittel, das von unserer Gesellschaft zu diesem Zweck genutzt
wird ist Mobbing. Durch systematische Psychospielchen soll dem
Mitbewerber die Lust an der Arbeit genommen werden, um dessen
Leistungsbereitschaft und Motivation zu verringern. Dann kann man zu den
Vorgesetzten gehen, und erzählen, dass diese faule Person wirklich nur
Dienst nach Vorschrift macht, und sich für das Unternehmen überhaupt
nicht (außerhalb seiner Dienstlichen Pflichten) einsetzt.
Erklärungsversuch: Leistungsdruck und Opfer
In
unserer Gesellschaft gilt man als einfacher Angestellter, ohne
besondere Tätigkeiten im Bereich Management oder Consulting schnell als
Verlierer. Wenn man sich kein drittes Auto leisten kann, wird man von
den Nachbarn schief angesehen. Der Leistungsdruck, der bereits in der
Schule auf unseren Kindern lastet ist enorm und es wird den Kindern
schnell erklärt, dass man in der Welt entweder ein Gewinner ist, oder
ein „Opfer“. Ein von der Jugend so genanntes „Opfer“ ist eine Person,
der etwas angetan wird, allerdings ganz anders, als der Normalbürger
jetzt denkt. Es ist nämlich nicht der Täter schuld, dass dem Opfer etwas
angetan wird, sondern in dem modernen Begriff „Opfer“ ist gleich mit
klargestellt, dass das Opfer sich durch Selbstverschulden in die Rolle
des Opfers begeben hat, und dadurch Freiwild für alle Personen ist, die
gerade nicht „Opfer“ sind.
Der Begriff Täter kommt in dieser
Begriffserklärung nur dann vor, wenn man erklären möchte, wie es früher
einmal war. Diese spezielle Form der Schuldumkehrung, wo nicht Täter zu
Opfer wird, sondern Opfer eigentlich Täter ist, ist relativ
repräsentativ für unsere empathiebefreite Gesellschaft. „Wenn du zu
schwach bist, bist du selber schuld, wenn du überrollt wirst“
Nicht Opfer ist der Täter
Um zu vermeiden in der rücksichtslosen, erfolgsorientierten und
gefühlskalten Gesellschaft ein Opfer zu sein, muss man stark sein. Man
muss sich durchsetzen, man muss alles verstehen, oder leugnen es nicht
zu verstehen. Man muss lügen um sich keine Blöße zu geben, man muss
andere diskreditieren, wenn man Gefahr läuft, durch diese Personen
ihrerseits diskreditiert zu werden.
Man muss unter den besten sein, oder
allen zeigen, dass man keinen Wert darauf legt, um nicht angreifbar zu
sein, weil man ein gewünschtes Ziel nicht erreicht hat. Um nicht
überrollt zu werden, muss man überrollen. Und genau dieses verhalten
zeigen unsere Kinder bereits. Und nicht nur die Kinder, auch im
Berufsleben findet man diese Verhaltensmuster vermehrt.
Warum funktioniert es?
Leider muss man sagen, funktionieren diese Ellenbogentaktiken wunderbar,
allerdings nur kurzfristig. Wenn zum Beispiel aus einem Team von 10
Personen einer ausgewählt werden soll, der den Posten als Teamchef
bekommt, und es gewinnt derjenige, der alle anderen Mitglieder des Teams
übers Ohr haut, sie gegeneinander ausspielt, rücksichtslos ist und
vielleicht sogar bei den Vorgesetzten anschwärzt: Wie glücklich sind
dann die 9 verbleibenden Teamspieler? Wie produktiv, motiviert und
einsatzbereit ist das gesamte Team in der zeit, in der diese Person
Teamchef ist? Es wären also eigentlich alle gut beraten, genau solche
Ellenbogentaktiker schön klein zu halten, und niemals in eine
Führungsposition zu bringen.
Paradebeispiel Ernst Strasser
Gestern
habe ich einen Artikel über Ernst Strasser gelesen, und dabei bin ich
darauf gekommen, dass ehemalige Weggefährten und Bekannte von Ernst
Strasser anscheinend noch nie eine besonders gute Meinung von ihm
hatten. Es scheint fast, als ob Ernst Strasser einer dieser
erfolgsbesessenen und machtorierntierten Ellenbogentaktiker wäre, die
bereits angesprochen wurden. So druckt z.B. der Standard in einem Artikel folgende Aussagen über Ernst Strasser:
Georg Neuhauser, der „fast Mitleid“ bekommen hat, ob der
„Blödheit und Präpotenz“ die ihn aus dem Fernseher ansprangen, kennt
Ernst Strasser aus Studentenzeiten und hatte Strasser eigentlich als
„loyalen und kritischen Geist“ in Erinnerung. In der gemeinsamen
Studentenpartei wähnte er in Strasser einen Idealisten: „Wir wollten
eine offenere, gerechtere Gesellschaft. Aber vielleicht war ich nur
naiv, und den meisten ging es einfach um die Karriere.”
Josef Gruber, Bezirkshauptmann von Wels-Land beschreibt Strasser als: “ehrgeizig, umtriebig und wendig in wertfreiem Sinn”.
Der Standard schreibt, ein ÖVPler hätte über Strasser gesagt , er
sei ein “harten Knochen”, der jeden in seiner Reichweite niederbügelt,
der “pieps macht”.
Caritas-Präsidenten Franz Küberl fragt sich, “ob Strasser das Schicksal von Menschen denn jemals bewegt hat. Ich weiß es nicht.”
Max Edelbacher, ehemaliger Chef der Kripo in Wien ist sich sicher: “Menschen waren ihm wurscht”
“Machtfragen sind ihm wichtiger als die Sache”, sagt Ex-Sektionschef Wolf Szymanski.
Tief verwurzelt in der Gesellschaft
sind diese Ellenbogentechniken bereits, so tief, dass Kapitaldelikte gar
Verständnis von Teilen der Bevölkerung bekommen : „Der hats schlau
gemacht, jetzt isser reich, und keiner kann ihm was nachweisen…“ hört
man da bei den Stammtischen. „So musst du es machen, dann bist du ein
gemachter Mann“. Ich kann es nicht mehr hören! Unrecht ist unrecht, und
nur weil einer damit durchkommt, und den Rest seines Lebens Cocktails
auf Pazifikinseln schlürft, wird es weder rechtens, noch nachahmenswert!
Wir sind es unseren Kindern schuldig, ihnen Fairness und Verantwortung
vorzuleben, und ihnen zu erklären, warum Solidarität eben genau nicht
bedeutet, selber auf nichts verzichten zu wollen, wie uns das Parteiprogramm der FPÖ versucht einzureden.
---
Autorin Veronika Platt ist für den Text verantwortlich.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen