30. November 2012

Ellenbogentechnik ist heute bereits "part of the game"

Wer kennt sie nicht? Erfolgsorientierte Mitmenschen, die stets bestrebt sind, die Karriereleiter schneller aufzusteigen als andere. An sich ist dieser Wettbewerbsgedanke und das Streben nach Erfolg und beruflicher Weiterentwicklung eine gute Sache, fördert es doch im Allgemeinen die Produktivität und liefert Ziele im Leben, die man durch Fleiß oder Beharrlichkeit erreichen kann. Doch viele werden auch den ein oder anderen kennen, dessen beruflicher Werdegang von seinen Kollegen nicht nur neidisch, sondern vor allem auch frustriert, wütend, enttäuscht oder desillusioniert verfolgt wird. Solche Kollegen sind meist jene, die ihren Erfolg nicht (nur) der eigenen Leistung, sondern vor allem den rücksichtslosen Ellenbogentechniken verdanken, derer sie sich bedienen.


Was sind eigentlich „Ellenbogentechniken?“
Nun der Begriff kommt eigentlich daher, dass man gemeinsam mit anderen ein Ziel hat, dieses jedoch für sich alleine beansprucht. Ob zu recht, oder vermeintlich haben jene Personen das Gefühl, dass nur sie selber ein Recht auf dieses ersehnte Ziel haben, und alle anderen sich eigentlich hinten anzustellen haben. Um dieses Ziel zu erreichen, versucht man, seine eigenen Position gegenüber den Mitbewerbern künstlich positiv zu verändern.

Diese Positionsveränderung wird jedoch nicht, wie man es bei vernunftbegabten Menschen annehmen sollte, durch positive Präsentation der eigenen Werke und Erfolge vollzogen, sondern durch, den Mitwerbern gegenüber, unfairen Mitteln.
Das beliebteste unfaire Mittel, das von unserer Gesellschaft zu diesem Zweck genutzt wird ist Mobbing. Durch systematische Psychospielchen soll dem Mitbewerber die Lust an der Arbeit genommen werden, um dessen Leistungsbereitschaft und Motivation zu verringern. Dann kann man zu den Vorgesetzten gehen, und erzählen, dass diese faule Person wirklich nur Dienst nach Vorschrift macht, und sich für das Unternehmen überhaupt nicht (außerhalb seiner Dienstlichen Pflichten) einsetzt.

Erklärungsversuch: Leistungsdruck und Opfer
 In unserer Gesellschaft gilt man als einfacher Angestellter, ohne besondere Tätigkeiten im Bereich Management oder Consulting schnell als Verlierer. Wenn man sich kein drittes Auto leisten kann, wird man von den Nachbarn schief angesehen. Der Leistungsdruck, der bereits in der Schule auf unseren Kindern lastet ist enorm und es wird den Kindern schnell erklärt, dass man in der Welt entweder ein Gewinner ist, oder ein „Opfer“. Ein von der Jugend so genanntes „Opfer“ ist eine Person, der etwas angetan wird, allerdings ganz anders, als der Normalbürger jetzt denkt. Es ist nämlich nicht der Täter schuld, dass dem Opfer etwas angetan wird, sondern in dem modernen Begriff „Opfer“ ist gleich mit klargestellt, dass das Opfer sich durch Selbstverschulden in die Rolle des Opfers begeben hat, und dadurch Freiwild für alle Personen ist, die gerade nicht „Opfer“ sind.

Der Begriff Täter kommt in dieser Begriffserklärung nur dann vor, wenn man erklären möchte, wie es früher einmal war. Diese spezielle Form der Schuldumkehrung, wo nicht Täter zu Opfer wird, sondern Opfer eigentlich Täter ist, ist relativ repräsentativ für unsere empathiebefreite Gesellschaft. „Wenn du zu schwach bist, bist du selber schuld, wenn du überrollt wirst“

Nicht Opfer ist der Täter
Um zu vermeiden in der rücksichtslosen, erfolgsorientierten und gefühlskalten Gesellschaft ein Opfer zu sein, muss man stark sein. Man muss sich durchsetzen, man muss alles verstehen, oder leugnen es nicht zu verstehen. Man muss lügen um sich keine Blöße zu geben, man muss andere diskreditieren, wenn man Gefahr läuft, durch diese Personen ihrerseits diskreditiert zu werden.

Man muss unter den besten sein, oder allen zeigen, dass man keinen Wert darauf legt, um nicht angreifbar zu sein, weil man ein gewünschtes Ziel nicht erreicht hat. Um nicht überrollt zu werden, muss man überrollen. Und genau dieses verhalten zeigen unsere Kinder bereits. Und nicht nur die Kinder, auch im Berufsleben findet man diese Verhaltensmuster vermehrt.

Warum funktioniert es?
Leider muss man sagen, funktionieren diese Ellenbogentaktiken wunderbar, allerdings nur kurzfristig. Wenn zum Beispiel aus einem Team von 10 Personen einer ausgewählt werden soll, der den Posten als Teamchef bekommt, und es gewinnt derjenige, der alle anderen Mitglieder des Teams übers Ohr haut, sie gegeneinander ausspielt, rücksichtslos ist und vielleicht sogar bei den Vorgesetzten anschwärzt: Wie glücklich sind dann die 9 verbleibenden Teamspieler? Wie produktiv, motiviert und einsatzbereit ist das gesamte Team in der zeit, in der diese Person Teamchef ist? Es wären also eigentlich alle gut beraten, genau solche Ellenbogentaktiker schön klein zu halten, und niemals in eine Führungsposition zu bringen.

Paradebeispiel Ernst Strasser Gestern habe ich einen Artikel über Ernst Strasser gelesen, und dabei bin ich darauf gekommen, dass ehemalige Weggefährten und Bekannte von Ernst Strasser anscheinend noch nie eine besonders gute Meinung von ihm hatten. Es scheint fast, als ob Ernst Strasser einer dieser erfolgsbesessenen und machtorierntierten Ellenbogentaktiker wäre, die bereits angesprochen wurden. So druckt z.B. der Standard in einem Artikel folgende Aussagen über Ernst Strasser:
Georg Neuhauser, der „fast Mitleid“ bekommen hat, ob der „Blödheit und Präpotenz“ die ihn aus dem Fernseher ansprangen, kennt Ernst Strasser aus Studentenzeiten und hatte Strasser eigentlich als „loyalen und kritischen Geist“ in Erinnerung. In der gemeinsamen Studentenpartei wähnte er in Strasser einen Idealisten: „Wir wollten eine offenere, gerechtere Gesellschaft. Aber vielleicht war ich nur naiv, und den meisten ging es einfach um die Karriere.”
Josef Gruber, Bezirkshauptmann von Wels-Land beschreibt Strasser als: “ehrgeizig, umtriebig und wendig in wertfreiem Sinn”.
Der Standard schreibt, ein ÖVPler hätte über Strasser gesagt , er sei ein “harten Knochen”, der jeden in seiner Reichweite niederbügelt, der “pieps macht”.
Caritas-Präsidenten Franz Küberl fragt sich, “ob Strasser das Schicksal von Menschen denn jemals bewegt hat. Ich weiß es nicht.”
Max Edelbacher, ehemaliger Chef der Kripo in Wien ist sich sicher: “Menschen waren ihm wurscht”
“Machtfragen sind ihm wichtiger als die Sache”, sagt Ex-Sektionschef Wolf Szymanski.
Tief verwurzelt in der Gesellschaft
sind diese Ellenbogentechniken bereits, so tief, dass Kapitaldelikte gar Verständnis von Teilen der Bevölkerung bekommen : „Der hats schlau gemacht, jetzt isser reich, und keiner kann ihm was nachweisen…“ hört man da bei den Stammtischen. „So musst du es machen, dann bist du ein gemachter Mann“. Ich kann es nicht mehr hören! Unrecht ist unrecht, und nur weil einer damit durchkommt, und den Rest seines Lebens Cocktails auf Pazifikinseln schlürft, wird es weder rechtens, noch nachahmenswert! Wir sind es unseren Kindern schuldig, ihnen Fairness und Verantwortung vorzuleben, und ihnen zu erklären, warum Solidarität eben genau nicht bedeutet, selber auf nichts verzichten zu wollen, wie uns das Parteiprogramm der FPÖ versucht einzureden.

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Autorin Veronika Platt ist für den Text verantwortlich. 

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