8. September 2012

Nicht stiften gehen

Sollten Sie im Laufe Ihres Lebens einen größeren Geldbetrag angespart haben, so können Sie natürlich irgendwann entscheiden, was eigentlich mit dem Geld passieren soll, wenn es Sie einmal nicht mehr gibt. Hier unterscheiden sich bereits die Menschen: während die einen ihr Geld in einem Socken unter dem Kopfpolster aufbewahren oder auf einem geheimen Sparkonto liegen haben, das nach ihrem Tod leider keiner mehr findet, benutzen andere wiederum einen Testamentsvollstrecker oder eine Stiftung.


Eine Stiftung?
Quelle: KleineZeitung.at
Schon wundern sich die ersten – „eine Stiftung? Warum sollte das jemand machen?“ Nun es gibt verschiedenste Gründe, warum eine Stiftung der richtige Ort für Ihre Millionen sein kann, und ich werde versuchen ein paar davon zu erklären. Nehmen wir an, Sie möchten, dass nach Ihrem Tod das Stiftungsvermögen stets erhalten bleibt, aber die durch die Stiftung erzielten Gewinne aus Kapital oder Immobilienmarkt regelmäßig einem bestimmten Zweck zugeführt werden.

Ein Beispiel: Sie gründen eine Stiftung mit einem Startkapital von 15 Millionen Euro.
Der Stiftungsvorstand versucht, das Kapital der Stiftung zu vermehren, und Gewinne zu erzielen, die größtenteils Steuerbegünstigt sind. Diese Gewinne (bei konservativster Führung jährlich ungefähr 450.000 Euro) werden jährlich einer gemeinnützigen Organisation gespendet. Hier macht eine Stiftung Sinn und kann, wenn seriös betrieben, auch andere dazu animieren, in diese Stiftung einzuzahlen bzw zu Spenden. Dieses Beispiel beweist, dass es auch sinnvolle Einsatzmöglichkeiten einer Stiftung gibt.


Wann eine Stiftung keinen Sinn ergibt
Wenn allerdings jemand eine Stiftung zu dem Zweck erstellt, seinen (voraussichtlich nicht mehr allzu langen) Lebensabend zu sichern, und nach dem Tod das Geld für Tierschutz und Medizin zu verwenden, dann gibt es bei so einer Stiftung einige Dinge zu bedenken.
Zunächst kann man sich in Österreich als begünstigter nicht selber zum Vorstand der Stiftung ernennen. Zum Beispiel in Deutschland ist es möglich, sein Geld zu Lebzeiten noch als alleiniger Vorstand zu verwalten, und nach dem Ableben jemand anderen im Testament zum Vorstand der Stiftung zu ernennen. So ist es möglich, Geld für den Stiftungszweck „schöner Lebensabend“ zu entnehmen, solange man mit dem Geld nachweislich etwas Nettes für sich kauft.
Oder für andere, solange man sich darüber freut jemandem etwas Geschenkt zu haben. In Österreich ist das nicht möglich, weswegen Stiftungen für den schönen Lebensabend auch sehr selten sind. Warum sollte jemand der bereits ein Vermögen angespart hat, dieses Vermögen in die Hände anderer Leute legen, um sich dann regelmäßig bei eben diesen Leuten anzustellen und um das eigene Geld zu betteln. Dementsprechend sollte nur so viel Geld in eine Stiftung eingezahlt werden, dass genügend Geld für den Stifter bleibt, um selber noch für einen schönen Lebensabend sorgen zu können. So eine Stiftung kann höchstens nur nebenbei laufen.


Gertrud Meschar
Quelle: 123people.at
Frau Meschar, eine 90-jährige Wienerin, hat sich jedoch aus Gründen die sie heute bedauert dazu entschlossen, ihr Vermögen in eben so eine Stiftung einzubringen. Dazu geraten hat ihr der dritte Nationalratspräsident Österreichs Martin Graf. Das Gesamtvermögen, dass von Frau Meschar zum Zeitpunkt der Gründung in die Stiftung eingezahlt wurde betrug „nur“ eine Million Euro. Jetzt würde man annehmen, Frau Meschar besitzt mindestens 3 Millionen Euro Bargeld und vielleicht noch ein Haus dazu und kann es sich leisten, mit ihren 90 Jahren eine Million schon mal wegzulegen. Weit gefehlt! Frau Meschars Gesamtvermögen bestand neben ihren Ersparnissen aus mehreren Grundstücken und einem Haus im 22. Wiener Gemeindebezirk, insgesamt ein Wert von rund einer Million Euro. Nachdem all ihr Geld und alle Grundstücke in die Stiftung eingezahlt wurden, war sie sozusagen mittellos.


Bitten um das eigene Geld
Ab diesem Zeitpunkt, musste sich Frau Meschar darauf verlassen, dass sie von der Stiftung genügend Geld bekommt, um ein schönes Leben zu haben. Doch bald stellte Frau Meschar fest, dass diese Stiftung nicht so viel Geld abwirft, wie sie angenommen hat. Nach eigener Aussage bekam Frau Meschar lediglich 5000 Euro im Jahr, und kann sich kaum noch etwas leisten. In einer Gegendarstellung verkündete Martin Graf stolz, Frau Meschar würde zwischen 7.800 und 13.800 Euro im Jahr bekommen haben. Jetzt sollten alle einen Taschenrechner nehmen, und sich ausrechnen, wie viel Zinsen man im Jahr (nach Abzug der KeSt) bei einer Million Euro Kapital bekommt. Selbst bei einem relativen schlechten Zinssatz von 2,0% p.a. bekommt man bereits 17.500 Euro Zinsen. Und dafür brauch ich noch keine 3 Vorstände und zig Verträge, sondern einfach eine Bank.


Der Kauf der Liegenschaft in Döbling
Der endgültige Vertrauensbruch zwischen Frau Meschar und Herr Graf, war der Kauf einer Liegenschaft in Döbling, der laut Frau Meschar gegen ihren Willen stattgefunden hat. In diesem Haus ist nicht nur der Bruder von Martin Graf eingemietet, sondern laut Wikipediaeintrag von Herrn Graf auch die „1848 Medienvielfalt Verlags GmbH“, die im Besitz zweier parlamentarischer Mitarbeiter von Martin Graf ist, und die als „Graf-Seite“ bekannte Internetplattform unzensuriert.at betreut. Frau Meschar bekam das Gefühl, dass dieser Vorstand nicht mehr in ihrem Interesse arbeitete, sondern bereits eigene Interessen verfolgt, und versuchte, Martin Graf aus dem Vorstand der Stiftung zu entfernen. Wer ihr dabei jedoch nicht helfen wollte, waren die anderen beiden Vorstandsmitglieder, die langjährige Freunde von Graf und Mitglieder der gleichen Burschenschaft sind, der auch Graf angehört. So kam es zum medialen Aufschrei, als Frau Meschar sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als die Öffentlichkeit um Unterstützung zu bitten.


Alle Anschuldigungen entkräftet
Quelle: petersplace.net
sieht Martin Graf, nachdem ein Prüfbericht festgestellt hat, dass der Stiftungszweck eingehalten wurde, und das Vermögen in der Stiftung nicht geschmälert wurde. Trotzdem ist das nur ein kleiner Teil der Vorwürfe, die gegen ihn und seine Mitstreiter im Vorstand der Stiftung eingebracht wurden. Nachdem Martin Graf ein Jurist ist, und sich mit solche Dingen eigentlich auskennen sollte, ist natürlich zu prüfen, ob er die Unwissenheit von Frau Meschar ausgenutzt hat, und die alte Dame wissentlich falsch beraten hat, möglicherweise zum eigenen Vorteil. Hier ist ein Auszug aus den Vorwürfen, die von Frau Meschar erhoben wurden:
  • Sie wurde nicht darüber informiert, dass sie nicht mehr auf ihr Geld zugreifen kann
  • Sie wurde nicht darüber informiert, dass sie nicht über den Verwendungszweck entscheiden kann
  • Graf habe das Haus in Döbling aus Gefälligkeit für seinen Bruder gekauft
  • Graf habe das Haus zu teuer gekauft
  • Sie bekomme zu wenig Geld, wodurch der Stiftungszweck nicht eingehalten wurde
  • Die Stiftung an sich ist nicht sinnvoll, und wurde ihr von Herrn Graf eingeredet. Dieser habe ihre Gutgläubigkeit ausgenutzt
  • Die Stiftung sei mit Absicht nicht mehr widerrufbar und nicht rückgängig zu machen
  • Der Stiftungsvertrag weist einen juristisch äußerst bedenklichen Knebelparagraphen auf
Der Prüfbericht, der von Martin Graf als entlastend in allen Punkten zitiert wurde, besagt allerdings nur, dass das Vermögen durch die Stiftung nicht geschädigt wurde. Kein Wort fällt dort bezüglich der anderen Vorwürfe, die Frau Meschar erhoben hat. So ist immer noch nicht geklärt, ob diese Stiftung überhaupt einen Sinn hat, ob Frau Meschar bei der ganzen Sache nicht doch übers Ohr gehauen wurde.

Schwerer Betrug
Die Staatsanwaltschaft Wien hat inzwischen Ermittlungen wegen des Verdachts auf schweren Betrug aufgenommen. Grafs Anwalt hat bereits verlautbaren lassen, dass sämtliche Anschuldigen bezüglich Betrugs- und Untreuevorwürfen absolut haltlos wären. Man darf gespannt sein, denn das Ergebnis der Ermittlungen ist nicht nur für Herr Graf und Frau Meschar relevant, sondern auch für die Freiheitlichen, die sich allesamt hinter ihren dritten Nationalratspräsidenten gestellt haben.

Schiefe Optik
Was bis zum Ergebnis der Ermittlungen bleibt, ist eine schiefe Optik. Meiner Meinung nach muss Herr Graf gewusst haben, dass diese Stiftung den Stiftungszweck nie nach Wünschen der Stifterin erfüllen kann. Warum also hat er die Stiftung gegründet? Könnte es gar sein, dass er und seine Freunde aus der Partei, die im Vorstand der Stiftung sitzen, damit spekuliert haben, dass Frau Meschar nicht mehr lange lebt? Könnte es etwa sogar sein, dass die eben genannten Herren damit gerechnet haben, dass nach dem Ableben von Frau Meschar niemand mehr am Leben ist, der diese Stiftung kontrolliert, und dass sie dann mehr oder weniger frei über das Vermögen verfügen könnten? Dieser Herr Graf, der breit grinsend erklärt, dass Frau Meschar doch eh 13.000 Euro im Jahr bekommt und dass es ja wohl reichen wird, könnte es sein dass dieser Mann es gar nicht so wirklich gut mit der alten Dame meint?

Wenn jemand anruft, und Ihnen einen Gewinn verspricht, wenn Sie nur ein wenig Geld einem Anwalt überweisen. Wenn jemand an der Tür läutet, der Geld braucht, aber es Ihnen ganz sicher wieder zurückgibt. Wenn Sie eine Mail bekommen, auf der Ihnen der Schatz von Gaddafi angeboten wird, sofern Sie die Kosten für die Überführung des Goldes nach Europa übernehmen. Sagen Sie nein, denn es versucht jemand, sie zu Betrügen.

Und wenn Ihnen jemand vorschlägt, dass Sie ihm all Ihr Geld geben, und er gibt Ihnen dann immer wieder etwas davon zurück, sagen Sie nein. Geben Sie das Geld ihrer Bank, verschenken Sie die Häuser an ein Tierheim oder die Krebsforschung. Verkaufen Sie die Grundstücke, oder schenken Sie sie jemandem, der sich freut. Aber geben Sie niemals all Ihren Besitz einer Person, die von Ihnen verlangt, auf alles zu verzichten damit sie ein wenig Taschengeld bekommen.

Autorin
Veronika Platt schreibt für Spiegel der Gesellschaft und veröffentlicht ihre Texte immer wieder auch auf der Plattform für Wirtschaft, Politik & Gesellschaft.

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