2. September 2012

Leben unter Besatzung

Diese Woche verbrachte ich ein paar Tage mit unserem Team in Yanoun. Es ist ein kleines Dorf mit etwa 65 Einwohnern. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Übergriffen durch Siedler aus Itamar. Zuletzt war das im Juli der Fall. Waehrend meiner Zeit in Yanoun, war alles ruhig. Das einzige was dann zu hören ist sind Schafe und Ziegen.

Ungefähr eine halbe Stunde von Yanoun entfernt war es nicht ganz so ruhig. Wir bekamen einen Anruf von unserem Hauptbüro in Jerusalem, dass eine palästinensische Familie von Siedlern angegriffen wird. Als wir eintrafen war bereits israelisches Militär, sowie israelische Polizei vor Ort. Ebenso waren zu diesem Zeitpunkt die Siedler vor Ort, welche, wie wir später von der Mutter, Taghrid, hören, ihre Familie attackiert haben.

Taghrid erzählt uns was an diesem Tag in Al Lubban Ash Shurqiya passiert ist: Am frühen Morgen haben sich in etwa 30 Siedler am Weg zu ihrem Haus gemacht. Um 8 Uhr morgens hatten sie das Haus der Familie Daragmeh umzingelt. Sie schmissen Steine gegen die Fenster ihres Hauses und gegen ihr Auto. Schliesslich konnte die Mutter ihre beiden Kinder ins Haus schaffen und die Tür von innen verriegeln. Inzwischen trafen auch ihr Mann, Khalid, und einer ihrer älteren Söhne, Jalil, beim Haus ein. Sie versuchten ihre Familie und ihr Eigentum zu verteidigen. Das Militär und die Polizei die später eintrafen, nahmen, wie in den meisten Fällen dieser Art, sowohl Jalil, als auch Khalid fest.

Nur einige Tage später hören wir, dass ein Militärgericht Khalid in diesen Tagen frei lassen wird. Der Richter hat befunden, dass die Siedler kein Recht hatten, sich auf diesem Grund zu befinden und dass der Junge letztlich nur versucht hat, seine Familie zu verteidigen. Leider war es aber auch an dem selben Tag, dass sein Grossvater, Samir, sich erneut mit Siedlern aus den umliegenden israelischen Siedlungen Ma’ale Levona und Eli konfrontiert sah. Wieder betraten sie sein Land, sein Haus und badeten in der Quelle, die sich auf dem Land der Familie befindet. Von neuem versuchte Samir die israelischen Soldaten zu überzeugen, dass sie die Siedler aufhalten sollen. Die Siedler behaupten das Land gehört nicht der Daragmeh Familie. Diese verfügen allerdings über Dokumente aus der ottomanischen Zeit die deren Besitz fuer die letzten 500 Jahre nachweisen.

Als wir an jenem Tag zurück in unser Haus in Yanoun kommen, blicke ich auf die Aussenposten der illegalen Siedlung Itamar die nur in circa 400m Entfernung am nächsten Hügel positioniert sind. Jederzeit kann sich etwas ähnliches hier und in vielen anderen palästinensischen Dörfern abspielen. Meistens werden die Siedler nicht festgenommen und häufig arbeiten sie mit dem Militär zusammen. Auch für die Daragmeh Familie war das wahrscheinlich nicht der letzte Vorfall. Ist es das was ein Leben unter Besatzung mit sich bringt?

Autorin
Teresa Mayr ist seit Mitte Juni als EA (eappi.org) in Israel und Palaestina. Ein Team von 34 Menschen arbeitet in sieben verschiedenen Orten in der West Bank. Teresa Mayr studiert Internationale Entwicklung und Afrikawissenschaften an der Universität Wien.
Ihr Blog www.westbanktulkarem.wordpress.comenthält laufend neue Infos und Texte über aktuelle Ereignisse. Mit drei Kollegen aus Südafrika, Irland und Norwegen arbeitet Teresa Mayr  in Tulkarem, einer Stadt nordwestlich der West Bank.

Wöchentlich gibt es neue Beiträge der Autorin
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Danke auch an dieser Stelle nocheinmal dafür.

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