Stellen Sie sich vor, es gäbe einen Menschen, dem verschiedene Dinge vorgeworfen werden.
Stellen Sie sich vor, dieser Mensch wäre Besitzer von 8 (in Worten: ACHT!!) Handys, sowie eines bescheidenen, hart erarbeiteten und vielfach versteuerten Vermögens. Er verkauft in aller Ruhe sein Penthouse und besitzt einen Diplomatenpass, mit dem die sofortige Ausreise aus Österreich in etwa so kompliziert wäre, wie der Kauf einer Semmel.
Liest man obigen Absatz, wäre anzunehmen, dass es sich hier um das Paradebeispiel schlechthin für die Anwendbarkeit der Untersuchungshaft handle. „Dringenden Tatverdacht“ erkennt das Oberlandesgericht, laut aktuellem „FORMAT“.
Karl Heinz Grasser, die personifizierte Unschuldsvermutung, oder um ihn mit seinen eigenen Worten zu beschreiben, der „zu schöne“ Ex-Finanzminister. Er war zwar das finanztechnische Oberhaupt des Staates, weiß aber leider nicht genau, wie so ein seltsames, kompliziertes Formular für die Einkommenssteuer funktioniert. Wohin mit all den Zahlen? Ja muss ich denn das überhaupt versteuern, wenn ichs schonwieder ausgeben hab? Verzweiflung kommt auf, beim Herren der sich selbst „zu intelligent“ nennt, wenn er nächtelang versucht seiner bürgerlichen Steuerpflicht nach bestem Wissen und Gewissen nachzukommen.
Doch die Sachlage ist bekannt, die Vorwürfe an sich sind nicht sonderlich komplex, weil ziemlich offensichtlich und eindeutig. Jedoch stellt sich eine große Frage: Wieso um alles in der Welt muss der perfekte Schwiegersohn nicht in Untersuchungshaft? Dazu sei gesagt, dass es für die U-Haft primär eines Haftbefehles bedarf, der wiederum vom Staatsanwalt ausgestellt, sowie von einem Haftrichter abgesegnet werden muss. In Folge muss der Tatverdacht als „dringend“ anzusehen sein – das Oberlandesgericht selbst betitelte den Tatverdacht gegen Grasser laut „Format“ mit exakt diesem Wort.
Nun ist meines Wissens nach zumindest einer, der folgenden drei Haftgründe für den Befehl zur Festnahme nötig: Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr und Wiederholungsgefahr.
Meine Frage lautet nicht, ob EINE dieser drei Bedingungen zutrifft, sondern vielmehr welche es NICHT tut?!
Besonders möchte ich auf die Fluchtgefahr aufmerksam machen, denn laut § 112 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 der STPO, besteht bereits Fluchtgefahr wenn „… unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls die Gefahr besteht, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde...".
Soweit ein paar objektive Fakten zur Untersuchungshaft und ihrer Anwendbarkeit. Zu beurteilen, ob Grasser sich „dem Verfahren entziehen könnte“, bleibt euch überlassen, ich für meinen Teil verweise an dieser Stelle auf den einleitenden Absatz dieses Textes.
Für Karl Heinz Grasser gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.
Autor des Textes
Matthias Salvesberger, www.redaktion-online.at
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