14. Januar 2013

Die Wehrpflichtsdebatte

Patrick Quantschnig aus Klagenfurt-Viktring ist momentan Zivildiener und schickte uns seine nachstehende Meinung zur aktuellen Debatte.


Die allgemeine  Wehrpflicht ist eine Tradition, die seit 1866  besteht, damals noch in den Österreich - Ungarischen Landstreitkräften. Nun, viele Jahre nach ihrer Einführung werden sie und ihre Lebensberechtigung infrage gestellt.
Wir befinden uns im Jahr 13 des 21. Jahrhunderts. In den meisten der so genannten westlichen Welt wurde die allgemeine Wehrpflicht bereits abgeschafft; aus finanziellen, aber auch aus moralphilosophischen Gründen.

Seit einigen Jahren wird nun auch in Österreich darüber diskutiert, um genau zu sein seit der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) in einem relativ inhaltslosen Wahlkampf das Thema Wehrpflicht für sich gefunden hat. Diese hitzige Debatte gipfelt nun in der Volksbefragung am 20. Jänner.  Das Land ist in dieser Frage tief geteilt. Diskussionen sind jetzt, kurz vor der Befragung, allgegenwärtig.
Sehen wir uns nun die Argumente beider Seiten näher an. Oft, gerade von älteren Personen, wird die Disziplin, die man dort angeblich lernt, zur Rechtfertigung des Bundesheeres gebraucht. Ein junger Mann müsse Disziplin, Respekt und Pünktlichkeit erlernen, hört man oft in Gesprächen zu besagten Thema. Außerdem bräuchten wir das Heer zur Katastrophenbewältigung, zum Schutze der Bevölkerung und überhaupt: Was war und ist, das soll auch bleiben!

Veränderungen sind unerwünscht; das Neue, Beispiel Freiwilliges Soziales Jahr wird als nicht überlebensfähig, ja gefährlich angesehen, da offenbar das Vertrauen in die Jugend und ihren Willen zum sozialen Engagement nicht gegeben ist. Lieber wird ein unmodernes Zwangssystem erhalten, unterstützt, welches junge Männer zum Dienste an der Waffe oder am Menschen verpflichtet. Auf diese Weise würde Solidarität erlernt werden, so Vize-Kanzler Spindelegger (ÖVP). Doch bildet sich Solidarität nicht aus einem Zwang heraus, sondern schlichtweg aus dem Bedürfnis, mit anderen Menschen mitzufühlen und ihnen in weiterer Folge auch zu helfen. Das Solidaritätsverständnis Spindeleggers, bzw. der ÖVP, ist hier insofern ein sehr merkwürdiges.
Auch das erwähnte Argument der Disziplin lässt sich leicht entschärfen: Es ist nicht Disziplin, die man im Heer in der Ausbildung erlernt,  sondern blinder Gehorsam dem Vorgesetzten gegenüber. Also genau das, was wir in einer aufgeklärten Gesellschaft nicht haben wollen. Blinde Gefolgschaft. Denn diese ist überaus gefährlich; in der Schule sollen die jungen Menschen zu kritischen Bürgern herangezogen werden, nur damit sie danach sechs Monate lernen, „Ja und Amen“ zu sagen, blind Befehlen zu gehorchen und den Mund zu halten?
Ein weiterer Faktor der Argumentation der Pro-Wehrpflicht Seite ist der Sicherheitsfaktor. Doch, nüchtern betrachtet, was sollen Rekruten mit einer Ausbildung von wenigen Monaten gegen Cyber-Attacken, Drohnen- und Raketenangriffe sowie Special Forces (Spezialeinheiten) unternehmen? Denn so sieht die moderne Kriegsführung des 21.Jahrhunderts aus. Die Antwort ist denkbar einfach: Nichts. Sie könnten nichts ausrichten. Doch das müssten sie auch nicht, denn die ganze Frage ist obsolet: Denn Österreich befindet sich in einer denkbar angenehmen Situation, mitten in der Europäischen EU, obendrein als neutrales kleines Land. Es wäre im Berufsheer, so es kommt, also nicht einmal eine Ausbildung an der Waffe nötig. Eine Elite-Pionier Einheit wäre eine ideale Lösung. Best ausgebildete Truppen mit modernen Maschinen zur Bewältigung auch größerer Katastropheneinsätze.
Nun zum zweiten Teil: Dem ehemaligen Stiefkind der Wehrpflicht. Dem Zivildienst. Voran schicke ich folgende Frage: Wer möchte, dass seine kranke Großmutter von Zwangsverpflichteten, praktisch nicht ausgebildeten, Zwangsverpflichteten betreut wird? Ich möchte keineswegs sagen, dass alle Zivildiener unbehände und  unwillig agieren, trotzdem muss man einfach zugeben, dass es für viele junge Männer schlichtweg das kleinere Übel ist, anstatt des Dienstes im Bundesheer den Zivildienst auszuführen. Es mag sehr vielen Zivildienern Spaß machen, ihren Dienst zu leisten, doch bleibt immer ein Gedanke im Hinterkopf: Es ist ein Zwangsdienst. Man ist eine billige Arbeitskraft. Das ist ein unumstößliches Faktum.
Und ist es nicht mehr als bedenklich, dass ein Gesundheitssystem von billigen, zwangsverpflichteten Hilfsarbeitskräften in Form von Zivildienern abhängig ist? Läuft da nicht etwas gewaltig falsch?
Natürlich birgen Reformen, Veränderungen und Erneuerungen immer gewisse Risiken in sich. Doch Stagnation ist in diesen Zeiten des Fortschritts mit Rückständigkeit, ja sogar Rückschritt verbunden. Am 20. Jänner wird sich also zeigen, ob die Österreicher weiter im Dornröschenschlaf verweilen, oder Mut zum Neuen aufbringen.


2 Kommentare:

  1. Sehr richtig, stimme absolut zu, daher stimme ich heute gegen Zwangsdienste.

    Erich Rudolf, Wien

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  2. Heute dagegen stimmen. Ich stimme den hier vorgebrachten Argumenten vollkommen zu.

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