George Orwell wird häufig zitiert, wenn es um menschenverachtende Zwangsüberwachung und Generalverdacht des ganzen Volkes geht. Doch wie weit sah dieser Visionär die Zukunft voraus oder wurden seine Schreckensvorstellungen einfach realisiert?
Wir
schreiben dass Jahr 2013 - Bundestrojaner, INDECT, Bargeldlimit in manchen EU
Ländern, Datenkraken wie Facebook, Apple und Google sind in aller Munde nur die
Auswirkungen dieses gigantischen Panoptikums zu erkennen fällt schwer. Gerade
wenn man sich in einem System befindet ist die Betrachtung von Oben notwendig,
um die körpereigene Verdrängung zu umgehen. Legen wir die beiden Bücher, das
der heutigen Realität und 1984 vor uns auf den Tisch und vergleichen einfach
drauf los...
…Abkürzungen
um Wörtern den Sinn zu nehmen. Im Roman wird das Ministerium
für Liebe (Zuständig für die Liquidierung
von politischen Gegnern und Dissidenten) abgekürzt mit Minilieb. In unserer
Gesellschaft würde es höchstwahrscheinlich viel abstrakter mit MfL abgekürzt
werden. Womit man nicht mal mehr einen Hauch der ureigensten Wörter verknüpfen
kann. Unser „Minilieb“ nennt sich FOSK (Kommando Führung Operationen
Spezialkräfte) die wiederum die DSO (Division spezielle Operationen) befehligt
die dann die KSK (Kommando Spezialkräfte Link: http://www.zeit.de/2010/31/KSK-Kommando-Spezialkraefte)
los schickt um sogenannte chirurgische Operationen (Auftragsmord) auszuführen.
…Das
Ministerium für Wahrheit
- bzw. Miniwahr wird heute in viele unterschiedliche Zensur und
Propagandastellen unterteilt. Eine Zensurstelle wird heute abgekürzt mit BPJM -
In der Vermischung von sinnvoller Tätigkeit (aussondern von jugendgefährdendem
Material) und der unbegründeten Selektion von Büchern, Audio- und
Videoaufnahmen steckt ein Potential der Informationsfilterung sonders Gleichen.
Daneben gibt es den Verfassungsschutz in einem Land dass keine Verfassung
besitzt (siehe GG 146) -
dessen Aufgaben in den letzten Jahren so nebulös wurden und seine Verfehlungen so haarsträubend sind, dass man nicht mehr von Dummheit sondern von Absicht sprechen muss.
Sechszehn Bildungsministerien mit Abkürzungen wie MBWJK (Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur des Landes
Rheinland-Pfalz) entscheiden über die Schulpropaganda
des jeweiligen Bundeslandes. Die Liste der Propagandaorgane ist unvollständig
und verdient eigene Bücher, keine Artikel.
…Die
Vergangenheit wird kontrolliert
und selektiv wiedergegeben. Im Falle von Gaddafi ist dies zum ersten Mal einer
breiteren Masse aufgefallen. In den Siebzigern war er ein Massenmörder bis in
die Neunziger, dann war er wieder ein lieber Diktator und zu Besuch in so
ziemlich allen Staaten. In dieser Zeit wurden die Verbrechen in den Nachrichten
nicht thematisiert. Nachdem die Amerikaner beschlossen haben ihn wieder zum
bösen Diktator zu erklären, wurde rückwirkend im Fernsehen nur seine Verbrechen gezeigt.
Unsere wurden weitestgehend vorenthalten.
…Krieg ist Frieden
beziehungsweise aus jetziger Sicht: „Friedenserhaltende Maßnahmen“.
Krieg wird immer schön verpackt und konsumgerecht in kleinen Häppchen
schmackhaft gemacht.
Soldaten kämpfen nicht für Bodenschätze, Handelswege und geostrategische
Posten, sie kämpfen für Frauenrechte, gegen den Terror und bomben für
Demokratie. Es ist „eine Frage der Ehre“ deutscher Bundeswehrsoldat zu sein. So
blitzen einem die Werbeplakate zur Rekrutierung entgegen, die so sehr an
Hollywood erinnern, dass man an Blut, Tod und Verzweiflung nur in Verbindung
mit einem Happy End denken kann.
…Zwiedenken wird nun durch die reine
Lehre der Pawlowschen
Konditionierung in Schule, Ausbildung, Universität und Gesellschaft erreicht.
Das gezielte weglassen der Hegelschen Didaktik mit der ein Individuum in die
Lage versetzt wird seine eigene Meinung (Synthese) aufgrund von einer
Behauptung (These) und einer Gegenbehauptung (Antithese) zu bilden und zu
vertreten wurde ersetzt durch ein Bildungssystem des Nachplappern und
Anpassens. Die Bologna Reform setzte diesen Maßstab auch in den Universitäten
um. Es wird auch nicht mehr offen geforscht sondern Ergebnisorientiert, solange
Zahlen in Tabellen geschubst, bis das Ergebnis heraus kommt das man möchte.
…
die Hasswoche
Orwells ist nun die permanente Hasszeit. Es gibt TV Formate in denen von der
Gesellschaft verachtungswürdige Personen reihenweise vorgeführt werden wie auf
dem Jahrmarkt. Die Zeitungen Berichten nur von Skandalen und lenken die immer
fortwährende Wut auf alles und doch gar nichts, in dem chronisch eine neue Sau
durchs Dorf getrieben wird. Vor den projizierten Ängsten kann nur der große
Bruder – Staat beschützen und so schließt sich der Kreis.
…wenn
eine Unperson
erst einmal ausgeschaltet ist durch einen chirurgischen
Eingriff (Mord) lässt man die Erinnerung
in Form von Nachrichten und Reportagen schrittweise verschwinden. Ein gutes
Beispiel hierfür ist Osama bin Laden. Er war die Schreckensfigur, die so leicht
aus dem angestaubten Puppenkasten „Terror“ hervorgekramt werden konnte um die
Menschen mit ihrer Angst zu kontrollieren. “Er“ war daran Schuld, dass in
Guantanamo die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, “Er“ war daran Schuld,
dass in Form von Homeland Security, INDECT und sonstigen Überwachungsspäßen die
eigenen Bürger unter Generalverdacht gestellt wurden. “Er“ trägt die Schuld
alleine dafür das wir auf unsere Grundrechte so selbstverständlich verzichteten
für unsere eigene Sicherheit. Nachdem diese Person so populär wurde, das “Er“
bekannter wurde als der Präsident der vereinigten Staaten von Amerika, ließ man
ihn vaporisieren und Stück für Stück aus unserer medialen Erinnerung
verschwinden.
Es
ist nicht etwa so als liefe überall permanent die Webcam und BigBrother
Schäuble und BigSister Merkel projiziert ein Beamer in jedem Haushalt an die
Wand mit der Propaganda-dauerschleife wie im Roman. Wir halten es subtiler und
verstecken uns hinter der vorgegeben Otto-Normalbürger-Meinung auf Facebook und
gleichen uns allen anderen an. Die Kleidung und der Haarschnitt sind in den letzten
Jahren immer Gruppenkonformer geworden. Die Identifikationsmerkmale sind zwar
von Gruppe (Yuppi, Punk, Emo, Normalo…) unterschiedlich geprägt, jedoch
innerhalb dieser Subgesellschaften gleichen sich die Äußerlichkeiten ähnlich
der Meinungen immer mehr einander an. Heterogenes Denken ist unerwünscht in der
ständig publizierenden oberflächlichen Öffentlichkeit der sozialen Netzwerke.
Hinzu kommt das Gefühl ständig unter Beobachtung zu stehen, dies führt zur
Vorsicht. Diese Vorsicht wird zu einer langlebigen unterschwelligen Angst, mit
der man verhandelt bei jedem abweichenden Verhandeln - Ist es noch ok? - Wie
viele likes bekommt das wohl? - Wenn das jetzt mein Arbeitgeber liest, werde
ich noch befördert? Wenn mein Gesicht von einer Gesichtserkennungs-videokamera
aufgenommen wurde bei einer Demonstration, wirkt es sich auf meine Zukunft aus?
So
bleibt mir zu guter Letzt nur der immer öfter zitierte Spruch von Benjamin Franklin:
„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu
gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“
Autor
Marcus Bohlander ist Autor und für den Inhalt des Textes verantwortlich. Es wurde bereits ein umfangreicher Auszug aus seinem Buch "Die Wurzel des Denkens" auf unserer Plattform veröffentlicht. Dieser weiterere Text des Autors ist hier zu finden!
Marcus Bohlander ist Autor und für den Inhalt des Textes verantwortlich. Es wurde bereits ein umfangreicher Auszug aus seinem Buch "Die Wurzel des Denkens" auf unserer Plattform veröffentlicht. Dieser weiterere Text des Autors ist hier zu finden!
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