Vor über einem Jahr habe ich den Artikel “Zu Gott und Freiheit”
verfasst und darin die Absicht geäußert, mich mit dem Freiheitsbegriff
auseinanderzusetzen. Während ich das im Rahmen meiner ausgedehnten
Beschäftigung mit dem kausalen Determinismus auch getan habe, habe ich
jene Ansicht hier auf dem Blog aufgrund des buchfüllenden Umfanges aber
nie detailliert ausgeführt. Heute möchte ich zumindest nachholen, die
Begriffe der Willens- und der Handlungsfreiheit abzuhandeln.
Die Aussage der Feststellung des Freiseins eines Subjekts zieht die
Frage “Wovon?” nach sich. Es ist nicht sinnvoll zu sagen, etwas wäre an sich
frei. Man muss spezifizieren, wovon es frei ist; etwa frei von
bestimmten Gefühlen, Gegenständen, Personen, Einschränkungen oder
Privilegien. A ist genau dann frei von B, wenn B keinen Einfluss auf A
hat.
Freiheit hat demnach viel Ähnlichkeit mit dem Begriff der
Unabhängigkeit. Nach dieser Definition ist auch klar, dass es für uns
als lebendige Wesen weder möglich noch wünschenswert ist, von allem frei
zu sein. Die Welt, mit der wir interagieren, hat ständigen Einfluss auf
uns, ebenso haben das Menschen und Tiere in unserer Umgebung oder
unsere eigenen Gefühle und Gedanken. Wir wünschen uns Freiheit von jenen
Dingen, deren Einfluss wir negativ bewerten. Mit diesem Aspekt im
Hinterkopf will ich nun untersuchen, was Willensfreiheit bedeutet.
Wie oben erklärt muss derjenige, der von Willensfreiheit spricht, zuerst
erläutern, was er damit meint. Was ist der Wille? Ich habe mich mit
dieser Frage im Rahmen des Textes, den ich zurzeit außerhalb des Blogs
schreibe, sehr intensiv beschäftigt, und bin zu folgendem Schluss
gekommen: Etwas zu wollen bedeutet, den Drang nach der Befriedigung
irgendeines Bedürfnisses zu fühlen. Der Wille ist demnach ein Gefühl.
Der Wille ist kein Gedanke und daher auch keine bewusste Entscheidung.
Entscheidungen werden aufgrund des Wollens gefällt. Sie spiegeln den
Willen wieder, sind aber nicht der Wille. Das gilt es zu unterscheiden.
Wovon kann der Wille also als das Gefühl, das er ist, frei sein? Bei
genauerer Betrachtung obiger Definitionen wird klar, dass es auf den
ersten Blick sinnlos anmutet, diese Frage zu stellen, oder auf den
zweiten Blick zumindest nur insoweit sinnvoll, als man diese Frage auch
im Bezug auf alle anderen Gefühle stellen kann. Wovon können Gefühle
eines Lebewesens frei sein? Wie ich hier auf dem Blog bereits unzählige
Male deutlich machte, sind sie gewiss nicht frei von Ursachen. Der Wille
eines Wesens ist ebenso kausal bestimmt wie die Entscheidungen, die es
aufgrund seines Willens trifft. Doch was könnte es bedeuten zu sagen,
Gefühle eines Wesens wären frei von äußeren Zwängen?
Der Wille steht
unter ständigem kausalen Einfluss. Es liegt in unserem Ermessen, welchen
dieser Einflüsse wir als äußeren Zwang bewerten und bezeichnen.
Letztendlich zwingt aber die Gesamtheit der Einflüsse das Wesen dazu, in
einer bestimmten Situation etwas Bestimmtes zu fühlen oder zu wollen;
es kann unter diesen Voraussetzungen nichts anderes fühlen oder wollen.
In diesem Sinne ist Willensfreiheit kein Trug und keine Illusion,
sondern schlichtweg kein wirklich sinnvoller Begriff.
Wie der Wille sind auch die Entscheidungen und Handlungen von Lebewesen
kausal bestimmt und können daher nicht frei von Ursachen sein. Wir sehen
aber, dass hier eine Definition der Freiheit von äußeren Zwängen
sinnvoll ist. Man könnte den Begriff der Handlungsfreiheit zum Beispiel
wie folgt definieren: Ein Wesen ist genau dann frei von äußeren Zwängen
in seinen Entscheidungen/Handlungen, wenn es seinem Willen entsprechend
entscheiden/handeln kann. Das Gefühl des Wollens bestimmt auf kausale
Weise die Entscheidungen und Handlungen, die wir treffen und ausführen.
Sofern ein Wesen darin nicht beschränkt wird, kann sinnvollerweise von
der Freiheit von äußeren Zwängen gesprochen werden.
Dies ist schlussendlich, was sich jedes Wesen auf Erden wünscht und
was oft damit gemeint wird, wenn von Freiheit die Rede ist: In seinen
Handlungen und Entscheidungen frei von äußeren Zwängen zu sein und in
Übereinstimmung mit dem eigenen Willen leben zu können. Schön wäre es,
wenn man jedem diese Freiheit gewähren könnte. Wie meiner Meinung nach
Bedürfniskonflikte zu lösen sind und mit Wesen umzugehen ist, denen ein
außerordentlich egoistischer Wille innewohnt, der sie zu rücksichtlosen
Entscheidungen und Handlungen drängt, habe ich bereits in zahlreichen
Artikeln zur Ethik und zu Rechtsphilosophie, etwa in “Zum Sinn von Strafen” beantwortet.
Autor
Markus Hittmeir hat bereits ein Buch veröffentlicht und verfasst großartige Texte, die auf seinem Blog www.nachtliteratur.wordpress.com zu finden sind. Herzlichen Dank an dieser Stelle an den Autor!
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