Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich die Zeiten wandeln.
Noch
vor einigen Jahren oder Jahrzehnten, war der Kapitalismus viel
umjubeltes Instrument der allgemeinen Wohlstandsvermehrung. Er hat die
westlichen Gesellschaften zu dem gemacht was sie heute sind und das was
sie heute sind, das mag man in Detailbereichen gut – etwa im Bereich der
Sicherheit, Krankenversorgung, allgemeiner Wohlstand etc. – oder
schlecht – etwa im Bereich der Freizeit, Leistungsdruck,
Berufskrankheiten, Zivilisationskrankheiten, Werteverlust etc. – finden.
Auch
von den größten Zweiflern kann aber nicht von der Hand gewiesen werden,
dass es niemals einen größeren allgemeinen Wohlstand in den westlichen
Gesellschaften gab als heute. Das gilt unabhängig davon, wieviel jeder
Einzelne hat, sind doch modernste Infrastrukturbauten, öffentliche
Versorgung, Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und
vieles mehr, das uns der Staat heute, unabhängig vom persönlichen
Vermögen gleichberechtigt zur Verfügung stellt, letztlich ein Aspekt
dieses Wohlstandes der Allgemeinheit und genau dies ist zu großen oder
überwiegenden Teilen ein Verdienst des Kapitalismus, der es erst erlaubt
hat derartige Dinge überhaupt zu finanzieren und zu realisieren.
Nun
werden sich manche wohl nie mit der Idee anfreunden können, dass
Wohlstand in einer Leistungsgesellschaft, wie sie der Kapitalismus
zwangsläufig mit sich bringt, niemals gleich verteilt sein kann und
darf, doch ist dies ein entscheidendes Kriterium, denn wird der
Wohlstand gleich verteilt, ohne von einer Leistung des Einzelnen
abhängig zu sein, so kann dies zwangsläufig nur zu Stagnation und
letztlich zu Rezession oder mit anderen Worten “Wohlstandsvernichtung”
führen.
Dieses System hat zuletzt in der Steinzeit beschränkt
funktioniert, wenn auch nur theoretisch, denn allen gehörte zwar
theoretisch alles, aber faktisch nahm sich der Stärkere einfach was er
wollte. Im Endeffekt aber hatten alle relativ wenig und kaum jemand
wurde überhaupt 30 Jahre alt.
Überdies hat die Geschichte mehr als
deutlich gezeigt, dass auch in kommunistischen Ländern, welchen
eigentlich nicht der Leistungsgedanke zugrunde lag, sehr wohl der
gleiche Leistungsgedanke vorherrschte, der lediglich anders kanalisiert
wurde. Dieser kam nämlich dadurch zum Ausdruck kam, dass einige wenige
versucht haben, abseits der offiziellen Kanäle ihr Vermögen zu vermehren
und sich Vorteile zu verschaffen, die Ihnen systematisch nicht
zustanden.
Dieses Vorgehen ist aber ebenso illegal und strafbar,
wie es auch Vermögensdelikte in kapitalistisch geprägten westlichen
Demokratien sind, welche allerdings über den Vorteil verfügen, dass dort
das Recht vom Volk ausgeht oder ausgehen sollte, während in
kommunistischen Regimes diejenigen, die sich illegal bereicherten nicht
nur den Bereich der Gesetzgebung sondern auch noch Rechtsprechung und
Exekutive kontrollierten.
Hier schließt sich auch der Kreis zum
eigentlichen Thema, nämlich jenem, warum Privatstiftungen sinnvoll sind,
auch für die Allgemeinheit, denn auch die Privatstiftung ist ein
Instrument, dass nur in einer kapitalistisch geprägten Welt funktioniert
und eine Abkehr vom Kapitalismus kann wohl – bei allem Verständnis für
Idealismus – kaum zur Diskussion gestellt werden.
Privatstiftungen
gibt es in Österreich noch nicht allzu lange und bis vor einigen Jahren
war den meisten Österreichern vermutlich nicht bekannt, dass es
überhaupt Privatstiftungen gibt.
Interessanterweise hat sich dieser
Bekanntheitsgrad der Privatstiftung gerade zu jenem Zeitpunkt
signifikant erhöht, als Privatstiftungen, mit dem allgemeinen Wegfall
der Erbschafts- und Schenkungssteuer, ihr maßgeblichstes Privileg,
nämlich jenes, dass sie als Vehikel zur Umschiffung dieser Steuern
verwendet werden konnten, verloren.
Mit einem Schlag gab es keine
Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr und wurde bei vielen Stiftungen
die Frage der Existenzberechtigung in den Raum gestellt. Plötzlich aber
und obwohl ihres wesentlichsten “Steuerspareffektes” beraubt, wurde die
Privatstiftung öffentlich thematisiert und politisch verteufelt.
Genau
jene politische Partei, deren Finanzminister anno dazumals die
Privatstiftung eingeführt hatte, wollte in mehreren Landes- und
Bundeswahlkämpfen “die Reichen” zur Kasse bitten und lieferte mit
Privatstiftungen dazu passend auch gleich das entsprechende Feindbild.
Praktisch daran war natürlich, dass es im Vergleich zur Anzahl der
Wähler nur sehr wenige Privatstiftungen gibt und diese nicht dafür
bekannt sind sehr öffentlichkeitswirksam zu agieren, sodass die
Gegenwehr schwach blieb.
Auch politisch wollte sich natürlich
niemand offiziell auf die Seite dieser wenigen Privatstiftungen und
damit gefühlsmäßig gegen die Masse stellen, wenngleich inoffiziell die
Mehrzahl der Politiker bestens über die Sinnhaftigkeit der
Privatstiftungen bescheid weiß und wusste, ebenso aber auch über die
Tatsache, dass sich diese Sinnhaftigkeit in einer auf emotionaler Ebene
geführten Debatte kaum verkaufen ließe.
Umso erstaunlicher, dass
gerade jene Partei die dieses Thema forcierte auch entsprechend schnell
in Erklärungsnotstand kam, als bekannt wurde, dass auch sie sich auf
mehreren Ebenen, vor allem auf Länderebene, der Rechtsform der
Privatstiftung, etwa zur Liegenschaftsvermietung bediente. Natürlich
wurde auch gleich das entsprechende Argument geliefert, seien doch diese
Privatstiftungen für ganz andere, ja sogar fast gemeinnützige Zwecke
gegründet worden.
Der Schaden aber war längst angerichtet. Die
Privatstiftung, obwohl ihres tatsächlich nicht rechtzufertigenden
maßgeblichen steuerlichen Privilegs bereits “beraubt”, wurde politisch
motiviert an den Pranger gestellt und dieses Bild hat sich beim Wähler
auch entsprechend eingeprägt. So mag es nicht verwundern, dass das Thema
Privatstiftungen alle paar Monate wieder hervorgeholt wird, um neue
steuerliche Einschnitte zu fordern, was angesichts dessen, dass im
Wesentlichen keine steuerlichen Begünstigungen mehr bestehen, wohl nur
dazu führen kann, dass über kurz oder lang die Privatstiftung
steuerlich, gegenüber Privatpersonen und Kapitalgesellschaften,
benachteiligt werden wird.
Warum aber sind Privatstiftungen keineswegs zu verteufeln sondern notwendig und sinnvoll?
Ich möchte hierzu einige Denkanstöße liefern:
-
Zunächst ist die Privatstiftung ein Ziel und Ziele sind es, die eine
Leistungsgesellschaft erst sinnvoll und praktikabel machen. Wer wird
schon Leistung und Opferbereitschaft an den Tag legen, um neue
Unternehmen zu gründen, Investitionen zu tätigen, Forschung
voranzutreiben oder auch nur mehr zu leisten um einen höheren Lohn zu
erhalten, wenn er am Ende dafür nichts anderes bekommt, als einen noch
höheren Steuersatz und sein erarbeitetes Vermögen somit ohnehin wieder
umverteilt wird? Wenn nun die Privatstiftung gänzlich unattraktiv wird,
dann wird sie kein Ziel bleiben! Leistungshungrige Personen wird es aber
weiterhin geben, auch unter den Vermögenden und diese werden sich Ihre
Ziele anderswo suchen und ihr Vermögen dort investieren, soweit sie es
nicht ohnehin auch jetzt schon so handhaben.
- Somit kommen wir
auch zum zweiten Punkt. Eine Privatstiftung in Österreich ist auch eine
Investition in Österreich. Die Besteuerung des Stiftungsvermögens
erfolgt grundsätzlich durch den österreichischen Fiskus und selbst wenn
man der Privatstiftung wieder geringfügige steuerliche Vorteile gewähren
würde, was angesichts des internationalen Wettkampfes um Investitionen
sicherlich kein Nachteil wäre, so wäre die Privatstiftung für Österreich
ein gutes Geschäft, da anderenfalls dieses Vermögen überhaupt nicht in
Österreich ver- und laufend besteuert werden würde.
Bereits jetzt
hat man die Stiftung, vor allem steuerlich, soweit unattraktiv gemacht,
dass kaum noch Privatstiftungen gegründet werden. Wer dies positiv
findet, verkennt die Situation, bedeutet dies doch nichts anderes, als
dass diese Investitionen nicht mehr Österreich zugutekommen. In diesem
Zusammenhang sollte nicht vergessen werden, dass bereits bei Errichtung
der Stiftung das gesamte eingebrachte Stiftungsvermögen besteuert wird.
Ein steuerliches Zubrot für den Staat, das bei großen Stiftungsvermögen
durchaus beträchtlich sein kann.
Bleibt das Vermögen hingegen im
Privatvermögen, ist es meist zur Gänze endbesteuert und fallen keine
weiteren Steuererträge an. Wird es dann im Ausland investiert, sind
diese Vermögen dem österreichischen Fiskus oftmals zur Gänze entzogen,
der steuerliche Verlust wäre sohin endgültig herbeigeführt – so viel zur
politisch leichten Kost “die Reichen [Privatstiftungen] zur Kasse” zu
bitten.
- Es ist auch nicht der steuerlichen Attraktivität zu
verdanken, dass es nach wie vor rund 3.300 Stiftungen mit einem in
Österreich gehaltenen Vermögen von rund 70 Mrd. Euro gibt, sondern der
Tatsache, dass die Auflösung der Stiftung und damit die Auskehr des
Vermögens so stark steuerlich belastet ist, dass dieser Weg derzeit –
für die meisten Stiftungen – noch nicht rentabel ist. Folgen aber
weitere steuerliche Maßnahmen zu Lasten der Privatstiftungen wird es
irgendwann trotzdem attraktiv werden auch diese Hürde zu nehmen und das
Vermögen anderweitig zu investieren oder zu veranlagen.
Die
Auflösungsbesteuerung würde Österreich als Einmaleffekt einige
Steuereinnahmen bringen, sofern nicht überwiegend
Doppelbesteuerungs-abkommen genutzt werden, um in das Ausland
steuerneutral oder steuerbegünstigt das Vermögen auszukehren, danach
aber ist das Vermögen buchstäblich weg aus Österreich und dies führt
nicht nur dazu, dass keine weiteren Steuereinnahmen folgen werden,
sondern auch im wirtschaftlichen Bereich kaum noch private Investitionen
getätigt werden. Der Schaden wäre enorm und würde alle treffen – eben
ein klassischer Fall der Wohlstandsvernichtung.
- Abseits der
steuerlichen Thematik wird der allgemeine Vorwurf erhoben, wer Geld hat,
der kann es sich richten und Privatstiftungen sind ein solches Mittel,
das nur Reichen zusteht. Dazu kann man nur sagen, ja so ist es zu einem
gewissen Grad und so muss es wohl auch sein. Die Privatstiftung ist eine
Rechtsform für große Vermögen, da es sich erst ab einem Vermögen von
etwa 30 Millionen Euro wirklich auszahlt eine Privatstiftung zu
errichten und damit steht sie natürlich nur einem kleinen Kreis zur
Verfügung. Selbiges gilt aber auch für Privatjets, Luxussportwagen,
Luxusyachten oder Fussballvereine, ohne dass jemand auf die Idee käme,
diese Dinge für alle einzufordern. Soviel zum ersten Teil des Vorwurfes,
der schlichtweg die Realität missachtet.
Doch auch der zweite
Teil, nämlich, dass es sich die Reichen “richten” können, ist zum Teil
wahr. So entspricht es natürlich unserem Geldsystem, dass diejenigen,
die bereits Vermögen haben auch versuchen dieses zu erhalten oder zu
vermehren und natürlich spielen dabei auch Steuerersparnisse eine Rolle.
Zweifellos war die Privatstiftung ursprünglich in der Lage gewisse
Steuervorteile zu verschaffen, wobei in den meisten Fällen vom
maßgeblichen Steuereffekt, nämlich der Ersparnis der Erbschafts- und
Schenkungssteuer nicht profitiert werden konnte, weil im Zeitpunkt der
Abschaffung dieser Steuern, die Stiftergeneration überwiegend noch am
Leben war; die Steuerersparnis war sohin eine theoretische die in der
absoluten Mehrzahl der Fälle nicht verwirklicht wurde. Zwischenzeitig
aber sind alle maßgeblichen Steuerervorteile der Privatstiftung
weggefallen, sodass diese, wie bereits dargelegt, nicht mehr steuerlich
attraktiv ist, sprich mit der Stiftung kann niemand mehr Steuern sparen
und es sich daher auch “nicht richten”.
Vielmehr wird durch diese
Entwicklung irgendwann der Punkt erreicht sein, wo Stiftungen aufgelöst
und Vermögen abwandern werden und erst dann werden es sich die Reichen
wieder richten, nur halt nicht mehr in Österreich.
Denkt man
hingegen an Steuerhinterziehung oder Verschleierung von Vermögen, dann
eignet sich die österreichische Privatstiftung hierfür kaum und deutlich
schlechter als etwa intransparente Stiftungen in Liechtenstein oder
Panama. Im Übrigen sind diese Tatbestände in aller Regel strafbar,
sodass es nicht der Privatstiftung zuzurechnen ist, wenn diese als
Vehikel missbraucht wird, sondern dem Staat, der derartige Delikte bis
dato nicht mit ausreichender Intensität verfolgt hat.
Wenn die
Stiftung nun aber dermaßen unatttraktiv ist, wieso gibt es dann noch so
viele? Nun zunächst liegt dies an den bereits genannten Gründen,
insbesondere daran, dass der Ausstieg steuerlich stark belastet ist. Ein
weiterer Grund aber liegt daran, dass die österreichischen
Privatstiftungen oftmals als Konzernholding fungieren. Anstelle einer
Privatperson oder einer Eigentümerfamilie stehen die Anteile an fast
allen maßgeblichen Großunternehmen in Österreich im Eigentum von
Familienstiftungen, die über entsprechende Holdingkonstruktionen dann
den Konzern steuern und versuchen die ursprünglichen
Eigentümerinteressen (=Stifterinteressen) durchzusetzen. Dies verschafft
den Unternehmen eine enorme Stabilität, da ungeachtet allfälliger
Erbfolgen und möglicher Erbstreitigkeiten, der Fortbestand des
Unternehmens, durch die Stiftungen, gewährleistet ist.
Es kann nur
im Interesse der Gesellschaft sein, dass diese Stabilitätsstützen nicht
wegfallen und man wieder zu einer Situation zurückkehrt, wo der Tod des
Unternehmenspatriarchen gleichbedeutend ist, mit dem Tod des
Unternehmens und jeweils tausende Arbeitsplätze mituntergehen, ganz
abgesehen vom Schaden für den gesamten Wirtschaftsstandort.
Zusammenfassend
ist sohin zu konstatieren, dass sich der Gesetzgeber schon etwas
überlegt hat, als er das Privatstiftungsgesetz erlassen und die
Rechtsform der Privatstiftung eingeführt hat.
Es war und sollte
die Privatstiftung ein Mittel sein, um große Vermögen in Österreich zu
halten oder gar anzulocken und somit auf mehreren Ebenen, nämlich
steuerlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich positive Effekte zu
bewirken.
Natürlich muss man die Privatstiftung so ausgestalten,
dass keine ungerechtfertigten Steuererleichterungen zu Lasten der
Allgemeinheit damit möglich sind, jedoch darf man die Privatstiftung
nicht soweit schädigen, dass diese und somit auch alle in Österreich
investierten Vermögen abwandern. Diese würde zwar kurzfristig gewisse
Effekte bewirken, Stichwort Auflösungsbesteuerung, sowohl mittel- als
auch langfristig aber katastrophale Auswirkungen auf den
Wirtschaftsstandort Österreich haben.
Wenn es sich “die Reichen”
dennoch “richten können” so liegt dies sicherlich nicht an der
Rechtsform der Privatstiftung, sondern daran, dass bestehende Gesetze
nicht eingehalten werden. Stärkere Verfolgung der Korruption, Lobbyismus
sowie von Vermögensdelikten allgemein wäre hier angebracht, um nicht in
Zukunft noch weitere legale Rechtsformen an den Pranger stellen zu
müssen, um politisches Kleingeld zu machen.
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