12. Dezember 2012

Warum eigentlich Privatstiftungen?

Es ist schon erstaunlich, wie schnell sich die Zeiten wandeln.
Noch vor einigen Jahren oder Jahrzehnten, war der Kapitalismus viel umjubeltes Instrument der allgemeinen Wohlstandsvermehrung. Er hat die westlichen Gesellschaften zu dem gemacht was sie heute sind und das was sie heute sind, das mag man in Detailbereichen gut – etwa im Bereich der Sicherheit, Krankenversorgung, allgemeiner Wohlstand etc. – oder schlecht – etwa im Bereich der Freizeit, Leistungsdruck, Berufskrankheiten, Zivilisationskrankheiten, Werteverlust etc. – finden.



Auch von den größten Zweiflern kann aber nicht von der Hand gewiesen werden, dass es niemals einen größeren allgemeinen Wohlstand in den westlichen Gesellschaften gab als heute. Das gilt unabhängig davon, wieviel jeder Einzelne hat, sind doch modernste Infrastrukturbauten, öffentliche Versorgung, Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe und vieles mehr, das uns der Staat heute, unabhängig vom persönlichen Vermögen gleichberechtigt zur Verfügung stellt, letztlich ein Aspekt dieses Wohlstandes der Allgemeinheit und genau dies ist zu großen oder überwiegenden Teilen ein Verdienst des Kapitalismus, der es erst erlaubt hat derartige Dinge überhaupt zu finanzieren und zu realisieren.
Nun werden sich manche wohl nie mit der Idee anfreunden können, dass Wohlstand in einer Leistungsgesellschaft, wie sie der Kapitalismus zwangsläufig mit sich bringt, niemals gleich verteilt sein kann und darf, doch ist dies ein entscheidendes Kriterium, denn wird der Wohlstand gleich verteilt, ohne von einer Leistung des Einzelnen abhängig zu sein, so kann dies zwangsläufig nur zu Stagnation und letztlich zu Rezession oder mit anderen Worten “Wohlstandsvernichtung” führen.

Dieses System hat zuletzt in der Steinzeit beschränkt funktioniert, wenn auch nur theoretisch, denn allen gehörte zwar theoretisch alles, aber faktisch nahm sich der Stärkere einfach was er wollte. Im Endeffekt aber hatten alle relativ wenig und kaum jemand wurde überhaupt 30 Jahre alt.

Überdies hat die Geschichte mehr als deutlich gezeigt, dass auch in kommunistischen Ländern, welchen eigentlich nicht der Leistungsgedanke zugrunde lag, sehr wohl der gleiche Leistungsgedanke vorherrschte, der lediglich anders kanalisiert wurde. Dieser kam nämlich dadurch zum Ausdruck kam, dass einige wenige versucht haben, abseits der offiziellen Kanäle ihr Vermögen zu vermehren und sich Vorteile zu verschaffen, die Ihnen systematisch nicht zustanden.
Dieses Vorgehen ist aber ebenso illegal und strafbar, wie es auch Vermögensdelikte in kapitalistisch geprägten westlichen Demokratien sind, welche allerdings über den Vorteil verfügen, dass dort das Recht vom Volk ausgeht oder ausgehen sollte, während in kommunistischen Regimes diejenigen, die sich illegal bereicherten nicht nur den Bereich der Gesetzgebung sondern auch noch Rechtsprechung und Exekutive kontrollierten.
Hier schließt sich auch der Kreis zum eigentlichen Thema, nämlich jenem, warum Privatstiftungen sinnvoll sind, auch für die Allgemeinheit, denn auch die Privatstiftung ist ein Instrument, dass nur in einer kapitalistisch geprägten Welt funktioniert und eine Abkehr vom Kapitalismus kann wohl – bei allem Verständnis für Idealismus – kaum zur Diskussion gestellt werden.
Privatstiftungen gibt es in Österreich noch nicht allzu lange und bis vor einigen Jahren war den meisten Österreichern vermutlich nicht bekannt, dass es überhaupt Privatstiftungen gibt.

Interessanterweise hat sich dieser Bekanntheitsgrad der Privatstiftung gerade zu jenem Zeitpunkt signifikant erhöht, als Privatstiftungen, mit dem allgemeinen Wegfall der Erbschafts- und Schenkungssteuer, ihr maßgeblichstes Privileg, nämlich jenes, dass sie als Vehikel zur Umschiffung dieser Steuern verwendet werden konnten, verloren.

Mit einem Schlag gab es keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr und wurde bei vielen Stiftungen die Frage der Existenzberechtigung in den Raum gestellt. Plötzlich aber und obwohl ihres wesentlichsten “Steuerspareffektes” beraubt, wurde die Privatstiftung öffentlich thematisiert und politisch verteufelt.
Genau jene politische Partei, deren Finanzminister anno dazumals die Privatstiftung eingeführt hatte, wollte in mehreren Landes- und Bundeswahlkämpfen “die Reichen” zur Kasse bitten und lieferte mit Privatstiftungen dazu passend auch gleich das entsprechende Feindbild. Praktisch daran war natürlich, dass es im Vergleich zur Anzahl der Wähler nur sehr wenige Privatstiftungen gibt und diese nicht dafür bekannt sind sehr öffentlichkeitswirksam zu agieren, sodass die Gegenwehr schwach blieb.
Auch politisch wollte sich natürlich niemand offiziell auf die Seite dieser wenigen Privatstiftungen und damit gefühlsmäßig gegen die Masse stellen, wenngleich inoffiziell die Mehrzahl der Politiker bestens über die Sinnhaftigkeit der Privatstiftungen bescheid weiß und wusste, ebenso aber auch über die Tatsache, dass sich diese Sinnhaftigkeit in einer auf emotionaler Ebene geführten Debatte kaum verkaufen ließe.
Umso erstaunlicher, dass gerade jene Partei die dieses Thema forcierte auch entsprechend schnell in Erklärungsnotstand kam, als bekannt wurde, dass auch sie sich auf mehreren Ebenen, vor allem auf Länderebene, der Rechtsform der Privatstiftung, etwa zur Liegenschaftsvermietung bediente. Natürlich wurde auch gleich das entsprechende Argument geliefert, seien doch diese Privatstiftungen für ganz andere, ja sogar fast gemeinnützige Zwecke gegründet worden.
Der Schaden aber war längst angerichtet. Die Privatstiftung, obwohl ihres tatsächlich nicht rechtzufertigenden maßgeblichen steuerlichen Privilegs bereits “beraubt”, wurde politisch motiviert an den Pranger gestellt und dieses Bild hat sich beim Wähler auch entsprechend eingeprägt. So mag es nicht verwundern, dass das Thema Privatstiftungen alle paar Monate wieder hervorgeholt wird, um neue steuerliche Einschnitte zu fordern, was angesichts dessen, dass im Wesentlichen keine steuerlichen Begünstigungen mehr bestehen, wohl nur dazu führen kann, dass über kurz oder lang die Privatstiftung steuerlich, gegenüber Privatpersonen und Kapitalgesellschaften, benachteiligt werden wird.
Warum aber sind Privatstiftungen keineswegs zu verteufeln sondern notwendig und sinnvoll?
Ich möchte hierzu einige Denkanstöße liefern:
- Zunächst ist die Privatstiftung ein Ziel und Ziele sind es, die eine Leistungsgesellschaft erst sinnvoll und praktikabel machen. Wer wird schon Leistung und Opferbereitschaft an den Tag legen, um neue Unternehmen zu gründen, Investitionen zu tätigen, Forschung voranzutreiben oder auch nur mehr zu leisten um einen höheren Lohn zu erhalten, wenn er am Ende dafür nichts anderes bekommt, als einen noch höheren Steuersatz und sein erarbeitetes Vermögen somit ohnehin wieder umverteilt wird? Wenn nun die Privatstiftung gänzlich unattraktiv wird, dann wird sie kein Ziel bleiben! Leistungshungrige Personen wird es aber weiterhin geben, auch unter den Vermögenden und diese werden sich Ihre Ziele anderswo suchen und ihr Vermögen dort investieren, soweit sie es nicht ohnehin auch jetzt schon so handhaben.
- Somit kommen wir auch zum zweiten Punkt. Eine Privatstiftung in Österreich ist auch eine Investition in Österreich. Die Besteuerung des Stiftungsvermögens erfolgt grundsätzlich durch den österreichischen Fiskus und selbst wenn man der Privatstiftung wieder geringfügige steuerliche Vorteile gewähren würde, was angesichts des internationalen Wettkampfes um Investitionen sicherlich kein Nachteil wäre, so wäre die Privatstiftung für Österreich ein gutes Geschäft, da anderenfalls dieses Vermögen überhaupt nicht in Österreich ver- und laufend besteuert werden würde.
Bereits jetzt hat man die Stiftung, vor allem steuerlich, soweit unattraktiv gemacht, dass kaum noch Privatstiftungen gegründet werden. Wer dies positiv findet, verkennt die Situation, bedeutet dies doch nichts anderes, als dass diese Investitionen nicht mehr Österreich zugutekommen. In diesem Zusammenhang sollte nicht vergessen werden, dass bereits bei Errichtung der Stiftung das gesamte eingebrachte Stiftungsvermögen besteuert wird. Ein steuerliches Zubrot für den Staat, das bei großen Stiftungsvermögen durchaus beträchtlich sein kann.

Bleibt das Vermögen hingegen im Privatvermögen, ist es meist zur Gänze endbesteuert und fallen keine weiteren Steuererträge an. Wird es dann im Ausland investiert, sind diese Vermögen dem österreichischen Fiskus oftmals zur Gänze entzogen, der steuerliche Verlust wäre sohin endgültig herbeigeführt – so viel zur politisch leichten Kost “die Reichen [Privatstiftungen] zur Kasse” zu bitten.

- Es ist auch nicht der steuerlichen Attraktivität zu verdanken, dass es nach wie vor rund 3.300 Stiftungen mit einem in Österreich gehaltenen Vermögen von rund 70 Mrd. Euro gibt, sondern der Tatsache, dass die Auflösung der Stiftung und damit die Auskehr des Vermögens so stark steuerlich belastet ist, dass dieser Weg derzeit – für die meisten Stiftungen – noch nicht rentabel ist. Folgen aber weitere steuerliche Maßnahmen zu Lasten der Privatstiftungen wird es irgendwann trotzdem attraktiv werden auch diese Hürde zu nehmen und das Vermögen anderweitig zu investieren oder zu veranlagen.

Die Auflösungsbesteuerung würde Österreich als Einmaleffekt einige Steuereinnahmen bringen, sofern nicht überwiegend Doppelbesteuerungs-abkommen genutzt werden, um in das Ausland steuerneutral oder steuerbegünstigt das Vermögen auszukehren, danach aber ist das Vermögen buchstäblich weg aus Österreich und dies führt nicht nur dazu, dass keine weiteren Steuereinnahmen folgen werden, sondern auch im wirtschaftlichen Bereich kaum noch private Investitionen getätigt werden. Der Schaden wäre enorm und würde alle treffen – eben ein klassischer Fall der Wohlstandsvernichtung.

- Abseits der steuerlichen Thematik wird der allgemeine Vorwurf erhoben, wer Geld hat, der kann es sich richten und Privatstiftungen sind ein solches Mittel, das nur Reichen zusteht. Dazu kann man nur sagen, ja so ist es zu einem gewissen Grad und so muss es wohl auch sein. Die Privatstiftung ist eine Rechtsform für große Vermögen, da es sich erst ab einem Vermögen von etwa 30 Millionen Euro wirklich auszahlt eine Privatstiftung zu errichten und damit steht sie natürlich nur einem kleinen Kreis zur Verfügung. Selbiges gilt aber auch für Privatjets, Luxussportwagen, Luxusyachten oder Fussballvereine, ohne dass jemand auf die Idee käme, diese Dinge für alle einzufordern. Soviel zum ersten Teil des Vorwurfes, der schlichtweg die Realität missachtet.
Doch auch der zweite Teil, nämlich, dass es sich die Reichen “richten” können, ist zum Teil wahr. So entspricht es natürlich unserem Geldsystem, dass diejenigen, die bereits Vermögen haben auch versuchen dieses zu erhalten oder zu vermehren und natürlich spielen dabei auch Steuerersparnisse eine Rolle. Zweifellos war die Privatstiftung ursprünglich in der Lage gewisse Steuervorteile zu verschaffen, wobei in den meisten Fällen vom maßgeblichen Steuereffekt, nämlich der Ersparnis der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht profitiert werden konnte, weil im Zeitpunkt der Abschaffung dieser Steuern, die Stiftergeneration überwiegend noch am Leben war; die Steuerersparnis war sohin eine theoretische die in der absoluten Mehrzahl der Fälle nicht verwirklicht wurde. Zwischenzeitig aber sind alle maßgeblichen Steuerervorteile der Privatstiftung weggefallen, sodass diese, wie bereits dargelegt, nicht mehr steuerlich attraktiv ist, sprich mit der Stiftung kann niemand mehr Steuern sparen und es sich daher auch “nicht richten”.
Vielmehr wird durch diese Entwicklung irgendwann der Punkt erreicht sein, wo Stiftungen aufgelöst und Vermögen abwandern werden und erst dann werden es sich die Reichen wieder richten, nur halt nicht mehr in Österreich.
Denkt man hingegen an Steuerhinterziehung oder Verschleierung von Vermögen, dann eignet sich die österreichische Privatstiftung hierfür kaum und deutlich schlechter als etwa intransparente Stiftungen in Liechtenstein oder Panama. Im Übrigen sind diese Tatbestände in aller Regel strafbar, sodass es nicht der Privatstiftung zuzurechnen ist, wenn diese als Vehikel missbraucht wird, sondern dem Staat, der derartige Delikte bis dato nicht mit ausreichender Intensität verfolgt hat.
Wenn die Stiftung nun aber dermaßen unatttraktiv ist, wieso gibt es dann noch so viele? Nun zunächst liegt dies an den bereits genannten Gründen, insbesondere daran, dass der Ausstieg steuerlich stark belastet ist. Ein weiterer Grund aber liegt daran, dass die österreichischen Privatstiftungen oftmals als Konzernholding fungieren. Anstelle einer Privatperson oder einer Eigentümerfamilie stehen die Anteile an fast allen maßgeblichen Großunternehmen in Österreich im Eigentum von Familienstiftungen, die über entsprechende Holdingkonstruktionen dann den Konzern steuern und versuchen die ursprünglichen Eigentümerinteressen (=Stifterinteressen) durchzusetzen. Dies verschafft den Unternehmen eine enorme Stabilität, da ungeachtet allfälliger Erbfolgen und möglicher Erbstreitigkeiten, der Fortbestand des Unternehmens, durch die Stiftungen, gewährleistet ist.
Es kann nur im Interesse der Gesellschaft sein, dass diese Stabilitätsstützen nicht wegfallen und man wieder zu einer Situation zurückkehrt, wo der Tod des Unternehmenspatriarchen gleichbedeutend ist, mit dem Tod des Unternehmens und jeweils tausende Arbeitsplätze mituntergehen, ganz abgesehen vom Schaden für den gesamten Wirtschaftsstandort.
Zusammenfassend ist sohin zu konstatieren, dass sich der Gesetzgeber schon etwas überlegt hat, als er das Privatstiftungsgesetz erlassen und die Rechtsform der Privatstiftung eingeführt hat.
Es war und sollte die Privatstiftung ein Mittel sein, um große Vermögen in Österreich zu halten oder gar anzulocken und somit auf mehreren Ebenen, nämlich steuerlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich positive Effekte zu bewirken.
Natürlich muss man die Privatstiftung so ausgestalten, dass keine ungerechtfertigten Steuererleichterungen zu Lasten der Allgemeinheit damit möglich sind, jedoch darf man die Privatstiftung nicht soweit schädigen, dass diese und somit auch alle in Österreich investierten Vermögen abwandern. Diese würde zwar kurzfristig gewisse Effekte bewirken, Stichwort Auflösungsbesteuerung, sowohl mittel- als auch langfristig aber katastrophale Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben.
Wenn es sich “die Reichen” dennoch “richten können” so liegt dies sicherlich nicht an der Rechtsform der Privatstiftung, sondern daran, dass bestehende Gesetze nicht eingehalten werden. Stärkere Verfolgung der Korruption, Lobbyismus sowie von Vermögensdelikten allgemein wäre hier angebracht, um nicht in Zukunft noch weitere legale Rechtsformen an den Pranger stellen zu müssen, um politisches Kleingeld zu machen.

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