Dann ebenfalls von Sebastian Kurz die erfrischend ehrliche Aussage über dieses „Intrigantenstadl“ dass sich bei uns auch Parlament nennt... Dann natürlich noch die offensichtlich gesellschaftlich wahnsinnig relevante Ohrfeige für Dominik Heinzl und die Handschellen für Werner Amon. Und weil wir außer diesen wichtigen Fragen auch noch ganz nebenbei einen wahnsinnig beliebten Politiker namens Peter Westenthaler haben, werde ich auch noch kurz über seinen angekündigten Rücktritt sprechen.
Kurt Scheuch und seine Schlange
Wer hat es nicht gesehen, das tolle Video von Kurt Scheuch, wo er gleichermaßen furchtlos wie verwegen sein von exotischen Spinnen wie auch Schlangen bewohntes Büro betritt, und sich dort entblößend mit den Tieren beschäftigt? Nun, wirklich ästhetisch fand ich diese Aktion jetzt eigentlich nicht, und ich bin mir auch nicht wirklich sicher, ob es jemanden gibt, der sich davon so richtig angesprochen fühlt, aber ich kann die Idee hinter diesem Video durchaus nachvollziehen. Wenn ich weiß, dass meine Umfragewerte deswegen im Keller sind, weil ich ungefähr so sympathisch befunden werde, wie eine Grippewelle, dann würde ich mir auch ein Imagevideo zulegen.
Bei diesem Video möchte man zumeist entweder etwas sympathisches um sich haben, um von dem positiven Effekt zu profitieren. Ein Beispiel: Kurt Scheuch spielt in seiner Badewanne mit kleinen Entenküken. Und damit fordere ich explizit NICHT mehr Haut in seinen Videos.
Alternativ kann man sich mit etwas unsympathsichem zeigen, und dann im direkten Kontrast dazu gar nicht so schlecht auszusehen. Das Beispiel wäre eben der Film der mit Kurt Scheuch und Schlange bzw Spinne gedreht wurde. Der positive Effekt davon ist nicht zu leugnen, im direkten Vergleich wurde stark gepunktet, und ich empfinde Spinnen seitdem als nicht mehr ganz so widerlich wie zuvor.
Die Schlange finde ich generell sehr nett, denn so eine absolut harmlose Königspython ist ein faszinierendes und intelligentes Tier. Diese positiven Eigenschaften, die ich mit der Schlange verbinde, sind leider bei den anderen Protagonisten des Filmes nicht auszumachen gewesen.
Kurz sinniert über Grün - Schwarz
Eine sehr überraschende Aussage tätigte Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz bei der Ö1-Sendung „Im Klartext“. Als er erklärte dass er eher mit den Grünen als mit den Blauen koalieren würde, war ich wirklich baff. Bisher waren die Grünen ja eher als Gefahr für Österreich dargestellt worden, und sogar eine eigene Fibel über die Auswirkungen einer rot-grünen Koalition geschrieben worden.
Neben dem Weltuntergang, dem Ende der österreichischen Kultur und einer allgemeinen Verarmung orteten die Schwarzen bei so einer Koalition auch noch viele weitere Probleme. Beim Sommergespräch verteidigte Spindelegger auch noch seine Haltung, auch mit der FPÖ Koalitionsverhandlungen zu führen, weil diese für ihn durchaus eine Option sei, und er sich im Vorhinein keine Möglichkeit verbauen möchte. Dass Spindelegger mit seiner Partei auf das hinaus nicht unbedingt mehr, sondern sogar noch weniger Wähler mobilisieren könnte, hat jetzt wohl auch Sebastian Kurz begriffen.
Wenn man nämlich wieder so eine Schwarz-Blau-Tragödie wie 2001 haben möchte, dann wählt man normalerweise die FPÖ. Die ÖVP-Wähler hätten lieber eine gemäßigte konservative Regierung der Mitte.Also eigentlich eine große Koalition. Dieser spontane Schwenk nach links, soll wohl auch jene Wähler wieder zur ÖVP bringen, die sich aufgrund der schwarz-blauen Annäherung zum Volk der Nichtwähler gesellt haben.
„Alles ein Intrigantlstadl!“
So sagt Sebastian Kurz in einem Interview mit der „Zeit“. So sieht er eine gute Chance, seinen Charakter zu verderben, sollte man nur lang genug in der Politik bleiben. Und sobald man geht, bekommt man so oder so einen Dreckpatzen nachgeworfen, egal wie charakterfest man in der Zeit als Politiker auch war. In dem gleichen Interview bekräftigt er auch noch einmal seinen Unwillen, eine Koalition mit der FPÖ einzugehen.
Er kann sich mit vielem „was die FPÖ von sich gibt“ nicht identifizieren. Meine Hochachtung dafür. Dann relativiert er: Er könne sich nicht vorstellen, dass die ÖVP mit der FPÖ koaliert, weil die FPÖ ja gegen den Euro eintritt.
Prügeleien im Fernsehen
Heinzl mit Wunden als Halloweenmaske
Quelle: facebook.com
Unglaublich aber wahr: es wurden tatsächlich im öffentlich rechtlichen Rundfunk Szenen der Gewalt ausgestrahlt. Ja! Gewalt! Und dann auch noch im Fernsehen. Das ist ja wie in einem Film, oder einer Serie, oder in den Nachrichten. Also eigentlich ganz normal und alltäglich, doch warum regt diese Ohrfeige jetzt die gesamte Nation auf? Zunächst einmal muss ich mich outen: Ich bin kein Fan von Sido. Ich finde ihn auch nicht witzig, nett oder besonders schlau. Ich wundere mich jedes mal wenn er klatscht, dass seine Hände offenbar nicht zusammenpassen, und frage mich unwillkürlich ob er nicht vielleicht doch einfach jedesmal Angela Merkel persifliert.
Aber ich sehe ihn doch als Ergänzung für dieses Jurorenteam, denn es gibt wohl eine Zielgruppe, die sich von Sido angesprochen fühlt. Ältere Leute finden wohl an Zabine gefallen, die 30 bis 60 jährigen fühlen sich vielleicht am ehesten von Rapp angesprochen und die Zielgruppe zwischen 12 und 25 dürfte wohl besonders von Sido begeistert sein. Ich kann mir leider kaum vorstellen, wer Karina Sarkissova besonders interessant finden sollte, es tut mir leid. Gut, und nun oute ich mich ein zweites mal.
Ich kann Dominic Heinzl nicht leiden. Mein Fernsehverhalten ist leicht zu beschreiben: Bei manchen Sendungen schalte ich den Fernseher mit Absicht ein. Es gibt Programme, auf denen ich beim durchzappen hängen bleiben würde.
Es gibt Programme, von denen ich nicht extra wegschalten würde, und es gibt Sendungen, bei denen ich anfange lieber herumzuzappen. ATV-Sendungen von betrunkenen Jugendlichen, perversen Ungustln und ähnlichem gehören genauso zu dieser letzten Kategorie wie diese Sendung mit Heinzl. Es ist natürlich schärfstens zu verurteilen, dass jemand verprügelt wird, aber wenn schon jemand verprügelt werden muss, scheint es so, als ob ganz Österreich der Meinung wäre, es hätte schon den Richtigen getroffen.
Handschellen für Politiker
Ich finde es schrecklich einem Politiker Handschellen anzulegen. Und das liegt nicht an meiner besonderen Wertschätzung aller Angehörigen dieser Berufsgruppe, sondern an der fehlenden Rücktrittskultur in Österreich.
Wenn alle Politiker nicht erst dann zurücktreten würden, wenn sie bereits durch sämtliche Instanzen hindurch ihre Verfahren verloren haben, weil es zufällig Telefonmitschnitte, Videos oder andere Beweise für ihre Verbrechen gibt, sondern bereits dann, wenn sie diese Verbrechen begehen, und selber draufkommen, dass sie das Amt, dass ihnen durch das Vertrauen der Menschen zuteil wurde eigentlich nur noch missbrauchen.
Wenn dass alle so machen würden, würden auch keine Politiker mit Handschellen gesehen werden. Weder in den Gerichten, noch im Fernsehen. Die große Frage ist anscheinend: Wurde interveniert, um diese Szenen aus der endgültigen Version von "Wir sind Kaiser" herauszuschneiden, oder hat der ORF wirklich das Storybook umgeschrieben, weil sie es letztlich doch nicht so lustig gefunden haben? "Zensur!" wird sofort geschrien.
Ist das wirklich Zensur? Ich finde es verständlich, dass Amon sich nicht in Handschellen zeigen lassen will. Andererseits hätte er dann auch gleich sagen sollen: "Nein das möchte ich bitte nicht!" Hatte er da Angst als Spielverderber dazustehen? Oder hat er es gar selber als in Ordnung befunden?
Westenthaler tritt zurück
Aber noch nicht gleich, sondern erst nach der nächsten Wahl. Er betont, dass er aber nicht zu Stronach wechseln möchte, sondern in die Privatwirtschaft. Nun dann verstehe ich nicht, warum er vorher noch die letzten Wähler vom BZÖ zu Stronach treibt, indem er dem BZÖ mit seiner Präsenz noch schnell den Wahlkampf verhaut. Warum tritt er überhaupt erst nach der nächsten Wahl zurück?
Da gibt es natürlich mehrere Erklärungsansätze. So könnte man zum Beispiel glauben, dass Westenthaler davon ausgeht, dass es kein BZÖ mehr geben wird nach der nächsten Wahl. Warum nämlich, sollte sich jemand zu einer Wahl stellen, und dann, sobald er gewählt wurde sofort aus der Partei auszusteigen. Ich stelle mir vor, wie ich mich zur Wahl als Betriebsrätin eintrage, und bei einer Podiumsdiskussion erkläre ich dann: "Wählt mich! Und nach der Wahl, geh ich übrigens eh in eine andere Firma, aber he... wählt mich trotzdem!"
Dieses Gustostückerl wäre wohl eine unterhaltsame Pointe in jedem Kabarett, aber in unserer Tagespolitik ist so etwas nicht einmal mehr merkwürdig. Zeitungen berichten darüber, aber keiner findet dieses Verhalten in irgendeiner Weise seltsam. Sind wir bereits so abgestumpft, dass dieser Nonsense wirklich schon normal geworden ist?
Autorin
Veronika Platt schreibt für Spiegel der Gesellschaft und veröffentlicht Ihre Texte freundlicherweise auch auf der Plattform für Wirtschaft, Politik & Gesellschaft.
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