Frankfurt (ots) - Die jüngsten Bemerkungen von Fed-Chairman Ben
Bernanke, mit denen er den Einstieg in den Ausstieg aus den
quantitativen Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank noch für dieses
Jahr in Aussicht stellte, haben den Goldpreis in besonderer Weise
getroffen. Analysten haben am Donnerstag von panikartigen Verkäufen
gesprochen. Auf dem Spotmarkt fiel die Notierung des Edelmetalls
unter 1300 Dollar je Feinunze und damit auf den niedrigsten Stand
seit September 2010. Der Goldpreis hat sich weit vom bisherigen
Höchstpreis von rund 1920 Dollar vom September 2011 entfernt. In der
Gemeinschaftswährung gerechnet war Gold für weniger 1000 Euro zu
haben. Dies ist der niedrigste Stand seit März 2011.
Keine Erholung
Besonders aussagekräftig hinsichtlich des aktuellen Zustands des
Goldmarktes ist, dass am Freitag keine nennenswerte Erholung folgte,
wie es sie nach hohen Vortagsverlusten häufig gibt. Der Preis des
Metalls verharrte auch am Freitag unter der Marke von 1300 Dollar.
Die Rohstoffanalysten der Commerzbank fassen es passend zusammen:
"Gold scheint derzeit nur auf negative Nachrichten zu reagieren",
beklagen sie in einem Marktkommentar. Und auch für die nächste Zeit
rechnen sie nicht mit einer nennenswerten Erholung. Nach dem
Unterschreiten des April-Tiefstandes von rund 1320 Dollar bestehe
kurzfristig das Risiko weiterer Preisabschläge. Die Meinung wird von
anderen Häusern geteilt. So merken die Experten der Helaba an,
Edelmetalle würden offenbar den zwischen 2010 und 2011 erreichten
Preisanstieg endgültig wieder abgeben. Bei Gold bedeute dies einen
weiteren Verlust von bis zu 15%. Wieder einmal sind es vor allem die
Finanzinvestoren, die für den Preisrückgang verantwortlich sind. Die
Bestände des weltweit größten auf Gold spezialisierten Exchange
Traded Fund (ETF), des SPDR Gold Trust, sind am Donnerstag zum ersten
Mal seit Februar 2009 unter die Marke von 1000 Tonnen gesunken.
Für den Rückzug der Finanzinvestoren gibt es eine Reihe von Gründen.
So scheint es aktuell wenig Anlass dafür zu geben, Gold als
Absicherung gegen eine stark steigende Geldentwertung zu halten.
Bislang ist die Inflation wegen der weltweit schwachen Konjunktur
nicht aus dem Ruder gelaufen. In Europa wird derzeit eher über die
Gefahr einer Deflation diskutiert, und auch in den USA ist die
Konjunktur trotz der erreichten Fortschritte noch bei weitem nicht so
stark, dass nennenswerter inflationärer Druck entstehen könnte.
Fehlende Verzinsung
Wegen der nachhaltig niedrigen Inflation und der weitgehenden
Entspannung bei der europäischen Schuldenkrise kommt es Investoren
bei Gold inzwischen weniger auf dessen Funktion als sicherer Hafen in
Krisenzeiten an. Daher hat die Tatsache, dass sich Gold im Gegensatz
zu andere Asset-Klassen nicht verzinst, deutlich an Bedeutung
gewonnen. Aktien weisen demgegenüber attraktive Dividenden auf und am
Bondmarkt steigen die Renditen wieder. Außerdem wirkt sich aus, dass
mit dem Zurückfahren des Bondkaufprogramms der Fed die Überversorgung
der Märkte mit Liquidität zurückgehen wird. Da offensichtlich auch
der Goldmarkt am Tropf der Fed hängt (oder viele Marktteilnehmer dies
offensichtlich glauben), dürfte der Kurswechsel der Fed nicht ohne
Folgen bleiben. Nicht unterschätzt werden sollte auch das gegenüber
Gold derzeit sehr negative Sentiment. Das Edelmetall hatte sich zwölf
Jahre in Folge verteuert, bis sich bei den Anlegern die Erkenntnis
durchgesetzte, dass sich eine solche Hausse nicht endlos fortsetzen
kann - auch wenn viele Analysten immer noch auf den Superzyklus bei
Rohstoffen verweisen, der noch lange nicht beendet sei.
Untergrenze in Sicht
Derzeit gehen bei Marktbeobachtern die Meinungen darüber auseinander,
wann der Boden der Preisentwicklung erreicht ist. Bei der Helaba ist
man davon überzeugt, dass der Ausverkauf durch die institutionellen
Investoren schon weit fortgeschritten ist. Dies deute auf eine
Untergrenze der Korrektur bei rund 1200 Dollar hin. Demgegenüber
lässt sich aber einwenden, dass es durchaus möglich ist, dass auch
die Privatanleger, die bislang dem Edelmetall weitgehend die Treue
gehalten haben, angesichts ihrer bislang erlittenen Verluste das
Interesse an Goldinvestments verlieren könnten. Wenn das geschehen
sollte, wäre der Preisrückgang bei Gold noch lange nicht vorüber.
Quelle: APA-OTS, Aussender: "Börsenzeitung"
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