17. April 2013

Die Goldfalle droht zuzuschnappen

Wirtschaftsblatt-Leitartikeln von Alexander Hahn

Der Markt für Papiergold ist die Achillesferse des Edelmetalls 

Wien (OTS) - Nach dem brutalen Absturz des Goldpreises fragen sich nicht nur Börsianer, ob der vermeintlich sichere Hafen zur Falle geworden ist. Zumindest für physisches Gold gibt es eine eindeutige Antwort: nein. Münzen, Barren oder Schmuck sind grundsätzlich nicht zur Spekulation geeignet, sondern vielmehr eine Versicherungspolizze mit Einmalzahlung und unbefristeter Laufzeit. Tritt kein persönlicher oder gesamtwirtschaftlicher Notfall ein, kann das physische Gold ohne weitere Kosten an nachkommende Generationen weitergegeben werden. Erhöhte Vorsicht ist jedoch bei Papiergold das Gebot der Stunde. Im Zuge der jahrelangen Rally hat sich dieser Markt enorm aufgebläht und es besteht die reale Gefahr, dass sich bei den Anbietern ein paar schwarze Schafe unter die vielen weißen gemischt haben, die es mit der Deckung durch physisches Gold nicht ganz so ernst genommen haben, wie in ihren Hochglanzbroschüren versichert wurde.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass der jüngste Preiskollaps viele Investoren verunsichert hat, was zu massiven Kapitalabflüssen aus Papiergold-Produkten führen sollte. Um an das nötige Cash für die Auszahlungen zu kommen, werden sich viele Anbieter von Papiergold von ihren physischen Beständen trennen müssen, was weiteren Druck auf den Goldpreis ausüben würde. Womit die Negativspirale in Gang gesetzt wäre.


Eine längere Phase sinkender Goldpreise ist die Nagelprobe, ob tatsächlich bei allen Anbietern von Papiergold genug physische Bestände hinterlegt sind. Wo das nicht der Fall ist, wird sich diese Tatsache dann nicht mehr verheimlichen lassen - der Goldsektor hätte einen Skandal à la Enron oder Worldcom. Die darauf folgende Vertrauenskrise in Papiergold würde die Kapitalabflüsse noch weiter verstärken und den Markt mit den Beständen der ehrlichen Anbieter fluten. Der von den Goldverfechtern propagierte Run auf physisches Gold inklusive Preisspitzen weit jenseits der bisherigen Rekordwerte erscheint unter diesem Blickpunkt höchst unwahrscheinlich.

In diversen Internetforen der Goldbefürworter häufen sich übrigens die Meldungen, wonach die Notenbanken den jüngsten Kursrutsch des Edelmetalls ausgelöst hätten. Klingt nach Weltverschwörung, ist aber keineswegs auszuschließen. Schließlich ist hinlänglich bekannt, dass die Notenbanken auch an den Devisenmärkten mitunter aktiv werden. Auch Gold ist per Definition offiziell eine Währung. Nur eben eine, die niemandem gehört - außer dem, der sie physisch besitzt.

Quelle: APA-OTS Originaltext, Aussender: WirtschaftsBlatt Medien GmbH

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