9. September 2012

Die Unter- und die Überdenker

In dieser Geschichte handelte es sich um einen weiblichen Homo sapiens.

Wie alle Homo sapiens lebte dieser auf der Welt.
Um der Erde, dem Planeten, der Welt, den Fortbestand des Menschen zu ermöglichen wurde die Fortpflanzung erfunden. Funktioniert ähnlich wie bei den Pflanzen - jedoch praktiziert der Mensch diese Garantie des Weiterbestehens ähnlicher den Tieren.
Als sich einige der Menschen in ihrem Ursprungsland - das soll Afrika gewesen sein - nicht mehr wohlfühlten, gingen diese auf Entdeckungsreise.
Und siehe da, in nicht mal einer Sekunde wurde vom Lebewesen Mensch die gesamte Erde "besetzt". Es entstanden verschiedene Völker, die sich in den verschiedensten Gebieten der Erde ansiedelten. Später wurden diese dann Erdteile genannt, die sich wiederum in Nationen, Staaten, Länder, Bundesländer, Städte, Gemeinden, Orte aufteilten. Dann gab es Menschen, die glaubten, zu wissen was für die Menschen besser ist und erfanden so Geschichten. "Wenn Du mich zu Deinem "Überdenker" wählst, mache ich das Beste für Dich und unser Land.“

Da aber die Anzahl der Überdenker eine viel geringere ist als die der Menschen, die in einem Land leben und wohnen, kam es dadurch immer wieder zu Konflikten. Es gab auch in der größeren Gruppe der angeblich nicht so gut denkenden Menschen immer wieder welche, die ihre Überlegungen an die Öffentlichkeit bringen wollten. Dies ließen sich viele Überdenker nicht gefallen und prangerten die Unterdenker an. Dann gab es welche der Unterdenker, die sich fürchteten an den Pranger gestellt zu werden und dachten in ein anderes Land zu fliehen, in der Hoffnung dort Verständnis zu finden...

Es gab auch welche der Unterdenker, die ihr Geburtsland verließen oder verlassen mussten, da sie auf Grund einer Naturkatastrophe oder eines Gedankenfehlers der dortigen Überdenker plötzlich nichts mehr zu wohnen, zu essen und zu trinken hatten.
In den fremden Ländern - die sie oft nur mühsam erreichen konnten - gab es wieder Überdenker, die wussten sofort - oftmals ohne zu fragen bzw. Hintergründe der Flucht erfahren zu haben - ob dieser oder jener Unterdenker ein Guter oder ein Böser ist bzw. bleiben wird. 

War jedoch der Geflüchtete bereits ein bekannter Unterdenker, der es bis zum Fast-Überdenker geschafft hatte, wurde von den Überdenkern kein Hehl daraus gemacht, dass dieser Flüchtling ein armer Mensch ist, dem gar nichts anderes übrig geblieben war, in dieses oder jenes Land auszuwandern. Dieser emporgestiegene Ex-Unterdenker wurde gelobt, geehrt, verehrt und hatte alle Vorteile, die er sich im Traum nicht hätte einfallen lassen können.
Die, die Unterdenker blieben, hatten es viel schwerer. So beschlossen verschiedene Überdenker manche Unterdenker wieder in ihr Ursprungsland zu schicken. Das konnte sofort geschehen oder aber erst auch Jahre später, in denen sich die Überdenker eigentlich schon einen Überblick über diesen oder jenen Unterdenker geschaffen hätten haben sollen.
Und so gab es eine Unterdenkerin, die sich nicht mehr ganz auskannte.

Sie ist zwar in einem Land geboren in dem sie noch heute lebt. Doch ihre Großeltern kamen aus verschiedenen Staaten/Ländern. So wurde eine Großmutter in Ljubljana, Slowenien geboren und deren Mann im Waldviertel in Österreich. Die Mutter ihrer Mutter wurde in Schlesien geboren und deren Mann in Preußen. Und dann überlegte sie folgendes: "Ja, ich bin zwar in Wien auf die Welt gekommen, gezeugt wurde ich aber in Rom. Was bin ich jetzt eigentlich? Eine Schlesierin, eine Slowenin, eine Österreicherin, eine Preußin oder gar eine Römerin?

Und wenn mich einer der Überdenker nicht mehr in Österreich haben will - in welches Ursprungsland werde ich dann deportiert?
Vielleicht gar wieder nach Afrika, woher ihre Ur-, Ur-, Ur-, Urahnen eigentlich herkommen? Was macht sie dann - dort war sie noch nie gewesen. Sie kennt überhaupt keine Personen in diesem Erdteil, kennt die Sitten, die Sprache und deren Kultur nicht? Eines beruhigte sie ein bisschen. Ihre Eltern wurden wenigstens in Österreich - Wien - geboren. Und dann dachte sie noch, vielleicht hilft das, dass sie doch, wenn sie als Unterdenkerin etwas böses gemacht hat - oder ev. gar nichts böses, sondern nur versucht hat ihre Meinung zu diesem oder jenem Thema anderen Unter- bzw. Überdenkern mitzuteilen - zumindest in Österreich, wenn schon nicht in Wien, bleiben darf...

Diese Gedanken sind ihr bereits vor etlichen Jahren durch den Kopf gegangen, als sie das erste Mal in ihrem Leben ein Flugzeug als Transportmittel benutzen durfte. Sie schaute aus dem Fenster dieses Luftverkehrsmittels. Sie flog nach Westen. Im Osten ging langsam die Sonne auf. Es gab ein Farbenspiel sondergleichen. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Sie schaute sich die Landschaft unter ihr an. Grüne Wiesen, Felder, Wälder...
Und dann fiel ihr auf: Wie viele Lebewesen gibt es doch auf dieser Welt. Und von welchem Lebewesen sieht sie eindeutige Spuren wie Straßen, Häuser, Türme? Eigentlich nur vom Menschen errichtete, angeblich wichtige Gebäude...

Und welches Lebewesen zerstört in kürzester Zeit - in Relation zum Bestehen unseres Planeten - die Erde? Der Homo sapiens.

Und was sind dafür die Gründe: "Der Neid, die Machtsucht, die Geldgier, der Drang zur Besserwisserei...."


Autorin
Claudia Strasser lebt im 19. Bezirk in Wien. Bei Rückmeldungen oder Fragen leiten wir diese gerne an die Autorin weiter.

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