18. März 2013

Zu den Kriterien metaphysischer Argumentation

Dieser Artikel beschäftigt sich nicht mit der Frage, wie die Wahrheit einer Behauptung festgestellt werden kann. Die starken Argumente der Skeptiker haben ohnehin dazu geführt, dass das Wort Wahrheit selbst von Logikern und Mathematikern nicht mehr gelassen ausgesprochen wird. Ich will mich heute dem Problem widmen, unter welchen Bedingungen es vernünftig ist, an Vermutungen und Thesen festzuhalten, die Teil der empirischen Wissenschaft oder der Metaphysik sind. 

Aussagen über Objekte oder Eigenschaften von Objekten dieser Welt gelten dann als These einer empirischen Wissenschaft, wenn sie durch die Methoden derselben falsifizierbar sind. Das bedeutet, dass es anderen Menschen möglich sein soll, ihre Gültigkeit mit dem Mittel ihrer Wahrnehmung zu überprüfen. Wer etwa behauptet, dass sich alle Eisenstücke dieser Erde bei Erwärmung ausdehnen, der muss erklären, unter welchen Bedingungen er seine These widerrufen würde. Er wird sagen, dass dies der Fall wäre, wenn jemand ein Eisenstück auf unserem Planeten finden würde, das sich bei Erwärmung nicht ausdehnt. Um seine These zu festigen wird er bemüht sein, möglichst viel Eisen auf die von ihm behauptete Eigenschaft hin zu untersuchen. Eine wissenschaftliche These ist umso bewährter, je öfter sie dem Versuch standhält, sie zu widerlegen. Da eine bewährte These große und objektiv überprüfbare Übereinstimmung mit der wahrgenommenen Wirklichkeit aufzeigt, ist es vernünftig, daran festzuhalten; obgleich natürlich im Bewusstsein, dass sie stets widerlegt werden könnte. 


Anders verhält es sich mit Aussagen über metaphysische Phänomene, die sich unserer empirischen Anschauung entziehen. Entsprechende Beispiele wären unter anderem viele Sätze, die Gegenstand philosophischer Diskussionen sind, etwa „Es gibt nichts, das existiert.“ (A), „Es existiert ein Wesen mit der Eigenschaft, allmächtig, allwissend und gütig zu sein.“ (B) oder “Wenn etwas nicht wahrgenommen wird, ist es nicht da.” (C). Ihre Gültigkeit kann nicht mit den Mitteln unserer Wahrnehmung überprüft werden. Wir müssen daher andere Kriterien finden um zu ermitteln, ob die Thesen der wahrgenommenen Wirklichkeit entsprechen, ob es also vernünftig ist, an ihnen festzuhalten. Von einer vernünftigen Behauptung sei zuerst die logische Konsistenz gefordert. Es muss logisch widerspruchsfrei denkbar sein, dass sie zutrifft. So sind etwa die Beispiele A und C logisch konsistent, B aber aufgrund zahlreicher Paradoxa nicht. Weiters sei von einer vernünftigen Aussage eine empirische Konsistenz verlangt und zwar dahingehend, dass sie eine Konvergenz zu den bewährten Thesen der empirischen Wissenschaften aufweist. Unter diesem Aspekt sind alle drei Beispiele unvernünftige Sätze. Es läuft etwa den empirischen Wissenschaften in höchstem Maße zuwider davon auszugehen, dass sie nach A gar keine Untersuchungsobjekte haben. Beispiel B steht zwar nicht im Widerspruch zu bewährten Thesen, unterstützt diese aber auch nicht und steht auch sonst in keinem Bezug zu ihnen. Gegen C hingegen spricht, dass die Empirie keine Hinweise dafür liefert, dass es ein wahrnehmendes Bewusstsein zur Aufrechterhaltung von Naturgesetzen und physikalischen Prozessen benötige.

 An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass eine Aussage tatsächlich auch zutreffend sein könnte, obwohl sie logisch inkonsistent oder nicht im Einklang mit den empirischen Wissenschaften ist. Schließlich kann ja niemand sicher wissen, ob alle Geschehnisse unseres Universums den logischen Regeln genügen und ob unsere wissenschaftlichen Mittel, Methoden und Fähigkeiten überhaupt geeignet sind, die Phänomene darin zu untersuchen. Jedoch ist es nicht vernünftig, von der Gültigkeit einer Sichtweise auszugehen, die allen Maßstäben der Erkenntnis zuwiderläuft, die wir als Menschen besitzen; mögen diese vielleicht noch so beschränkt sein. Solche Sätze, wie ich sie etwa an den Beispielen A, B und C demonstrierte, entziehen sich unserer Beurteilung und sind daher nutzlos für den, der als Mensch all seine Möglichkeiten weitestgehend nutzen will, um die Welt zu verstehen, in der er lebt. Vielmehr noch: Wer lange über sie nachdenkt, der sieht ein, dass sie, wenn auch die Worte etwas bedeuten, schlussendlich gar nichts sagen, weil es für uns gleich ist, ob sie zutreffen oder nicht.

Ob eine metaphysische Aussage logisch konsistent ist und eine Konvergenz zu den bewährten Thesen der empirischen Wissenschaften aufweist, darüber kann eine sachliche und argumentative Diskussion geführt werden. Ich bin etwa der Ansicht, dass die Aussage “Im Universum sind alle Geschehnisse durch Ursache und Wirkung determiniert.” nicht nur alle Kriterien erfüllt, sondern einen außerordentlichen Bezug zu unserer Erfahrung aufweist, ja selbst eine Erklärung für diese sein kann und zu ihrem Verständnis beiträgt. 

Wenn dieser Artikel aufgezeigt hat, dass es auch in der Philosophie objektiv überprüfbare Gütekriterien für die Qualität einer Behauptung gibt und über diese nicht nach persönlichen Empfindungen und Präferenzen entschieden werden sollte, so hat er sein Ziel erreicht. Wer mehr zu diesem Thema lesen möchte, sei auf “Zur Wahrheit” verwiesen.

Autor
Markus Hittmeier schreibt großartige Texte und veröffentlicht diese auch auf redaktion-online.at - besonders seine Kurzgeschichten und politische Stellungnahmen dürfen nicht ungenannt bleiben, auch ein Buch hat der junge Autor bereits aus dem Ärmel gezaubert. Vielen Dank!

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