Eigentlich unfassbar!
Es ist eigentlich unfassbar. 340 Millionen Euro – und das ist vielleicht auch erst die Spitze des Eisberges – wurden da verschluddert. Kann ich mir überhaupt vorstellen, wie viel 340 Millionen Euro wirklich sind? Wenn ich mir 340 Millionen Euro in 1 Euro Münzen auszahlen lassen würde, könnte ich diese aufeinanderlegen, und einen Turm von 790 Kilometer Höhe erschaffen.
Da könnte dann Felix Baumgartner versuchen herunter zu springen, ohne dass der Turm wackelt. Man könnte die Münzen aber auch aneinander legen, und damit eine Spur von 7905 Kilometer länge legen. Das ist der Weg von Wien nach Ebebiyin. Wer Ebebiyin noch nie auf der Karte gesucht hat (warum auch?) – es befindet sich direkt an der Grenze zwischen Äquatorial-Guinea, Camerun und Gabon. Das ist genau hier. Wir haben also einen Verlust in dem kleinen schönen Land Salzburg, mit dem man ohne Probleme eine Spur vom Herzen Europas, über Spanien durch die Sahara, quer durch Nigeria, bis an den Äquator legen kann. Nur damit man sich einmal vorstellen kann, was wir da eigentlich verzockt haben.
„Die“ haben dem Birnbacher die Millionen zugeschanzt, „die“ haben es sich wieder als Spenden abgeholt, „die“ finden, dass Staatsbürgerschaften halt einfach Part-of-the-Game sind und „die“ fanden den Ausverkauf des Landes unter einer Schwarz-Blauen Regierung zum künstlichen und einmaligen Erreichen des Nulldefizit, unter Negierung sämtlicher Zukunftsrealitäten (das waren übrigens auch „die!“) eine tolle Sache. Ich bin mir meiner schwächen bewusst, und ich weiß, dass ich oft ganz gerne mit dem Finger auf andere zeige. Aber ich muss sagen, ich tue mir echt schwer, die Schuld für den Verlust der Millionen irgendwo anders zu suchen, als bei den üblichen Verdächtigen: Politikern.
(Oder Banker, Lobbyisten, einfache Kartoffelbauern mit gesteigertem Drang zu Waffengeschäften und Mitglieder des europäischen Parlaments mit strengst geheimen Geheimaufträgen für Königreich und Vaterland – oder so.)
Wer hats verzockt?
Die Schweizer waren es nicht, denen wird ja auch im Allgemeinen ein eher sorgsamer Umgang mit Geld nachgesagt. Doch wo ist die Schuld zu suchen? Zunächst einmal wäre da die inzwischen berühmte einfache Beamtin Monika, die anscheinend den Freibrief fürs Zocken hatte. Aus irgendeinem Grund dürfte Sie genügend Stress bei dem Versuch, eine halbwegs brauchbare Bilanz vorzuzeigen, gehabt haben, um zu eher ausgefallenen Strategien zu wechseln.
Es ist also davon auszugehen, dass Ihr die Vorgesetzten nahegelegt haben, die Bilanzziele zu erreichen, und sich Monika dazu genötigt gefühlt hat, alles zu versuchen, um die Vorgesetzten nicht zu enttäuschen. Das jetzt eben jene Vorgesetzte davon nichts wissen wollten, ist nicht nur verdächtig, sondern relativ ausgeschlossen. Möglicherweise wurden die spekulativen Geschäfte durch Referatsleiter David Brenner nicht genehmigt, aber offensichtlich wurde auch nicht wirklich hingesehen. Ob mit Absicht oder nicht, werden wohl auch noch die Gerichte klären.
Hat sie auch wirklich nie etwas davon mitbekommen, dass so viele Millionen Euro „verschwunden“ sind? Ist das nicht eigentlich das politische Ende, wenn man es nicht schafft, innerhalb des eigenen Teams dahingehend zusammenarbeiten zu können, dass die einzelnen Beamte, Ressortleiter und Regierungsmitglieder wenigsten den Hauch einer Ahnung haben, was so vor sich geht? Ich stelle mir immer gerne am Abend wenn ich schlafen gehe vor, wie so ein „Gespräch“ ausgesehen haben mag:
Vor meinen Augen flackert dann ein alter schwarz-weiß Film, wo Casino-Gabi und Inseraten-Werner sich treffen, und Werner fragt: „Und? Alles in Ordnung in Salzburg?“. Casino-Gabi antwortet rasch, dass sie eigentlich keine Ahnung hat, aber sie vertraut ihren Mitarbeitern. Inseraten-Werner ist zufrieden, er hält es ja genauso. Am Abend ist Gabi dann doch ein wenig neugierig, denn sie hat in den letzten paar Jahren vergessen, ihren Kontoauszug anzufordern. Sie ruft den Leiter des Finanzressorts – David – an, um zu fragen, wie es denn so sei, mit den Finanzen.
David antwortet bestimmt und mit fester Stimme:“Keine Sorge! Das Geld der Stadt und es ganzen Landes ist sicher angelegt. Ich habe eine Mitarbeiterin mit einer Vollmacht ausgestattet, und diese Mitarbeiterin vermehrt das Geld in gar unglaublicher Weise!“ Gabi ist zufrieden. David schläft in der Nacht ein wenig schlecht, denn ihm fällt ein, dass die Mitarbeiterin schon seit Wochen meint, dass das Vermehrungsziel wohl nicht wirklich erreicht werden würde.
Er beschließt, doch einmal nachzufragen, und besucht Monika an ihrem Arbeitsplatz. „Ei Monika, erzähle mir von der wundersamen Vermehrung des Geldes ohne Arbeit und Leistung. Wie ist das Werk gelungen?“ Monika indes, ungeachtet der leichten Irritation aufgrund des plötzlichen Interesses durch den Chef, antwortet kühl: „Schaut schlecht aus“. David legt ihr nahe, die Dinge noch einmal besser zu überdenken, möglicherweise gibt es ja auch eine Möglichkeit, durch bessere Zinsen das Ruder noch herumzureißen. Alle sind zufrieden, keiner fragt noch einmal nach.
So ähnlich stelle ich mir vor, dass sich Gespräche innerhalb der Parteien abspielen könnten.
Wollt ihr uns…
Fast wie der pure Hohn ist jetzt Gabi Burgstallers Intention, selbst das Finanzressort zu übernehmen. Da wird ja wahrlich der Bock zum Gärtner gemacht. Wenn es jemand nicht schafft, in seiner Position als „Oberaufseher“ eines Landes, die Finanzen wenigstens hin und wieder mal zu prüfen, bzw jemanden mit einer Prüfung der Finanzen zu betrauen, warum sollte eben jener dann genau in dem Bereich arbeiten, in der er anscheinend keinen Tau hat? Ich habe einen Freund, der wirklich ein lieber Kerl ist, aber einfach gar nicht mit Geld umgehen kann.
Er hat zum Beispiel ein eigenes Konto für sein Einkommen und die laufenden Kosten, auf einer anderen Bank als alle anderen Finanzprodukte. Weil er aber seit Jahren immer ein bisschen im Minus ist, schaut er seit Jahren keinen Kontostand mehr an, weil es ihn auch immer ärgert. Deswegen kann er auch nicht sagen, ob er den Eingang von EUR 2500,- vor zwei Jahren jetzt auch wirklich bekommen hat, oder eigentlich eh nicht. So jemandem würde ich nie nie nie im Leben auch nur für 10 Minuten die Oberaufsicht für irgendetwas, dass mit Geld zu tun hat, übertragen, geschweige denn mich auf seine Expertise verlassen. Genau das gleiche Problem habe ich jetzt mit Gabi Burgstaller. Entweder es interessierte sie bisher nicht, dann ist sie gleich wie mein Freund, und sollte wirklich wirklich die Finger vom Finanzressort lassen.
Oder aber es interessierte sie sehr wohl, aber sie dachte, die Expertise von jemandem, der auch nicht auf die Konten schaut, wird schon passen. Auch dann würde ich wegen dieser groben Fehleinschätzung nicht wollen, dass diese Frau auf mein Geld aufpasst.
Ich mag Gabi Burgstaller
Ich muss sagen, ich habe bereits einige Interviews von Gabi Burgstaller gehört, und ich mag sie wirklich sehr. Ich bin der tiefen Überzeugung, dass Burgstaller ein sehr moralischer Mensch ist, mit den guten und richtigen Werten, mit einer starken Überzeugung und dem Wissen was richtig ist. Daher glaube ich ihr auch wirklich, dass sie sich einfach auf die falschen Leute verlassen hat, und nicht persönlich bei den Spekulationen involviert war. Ich glaube auch, dass ehrliche Politiker, mit einer gesunden Moralvorstellung, und einer gewissen Bodenhaftung bereits selten geworden sind, und ich klammere mich an den Strohhalm, dass wenigstens Frau Burgstaller trotzdem noch so eine Politikerin ist.
Genau deswegen würde es mich sehr freuen, wenn sie in der Politik bleibt, aber bitte nicht als Finanzreferentin. Ob sie es jetzt noch bis zum Kanzlersessel schaffen wird ist fraglich, aber ich würde sie lieber als Kanzlerin sehen, als als Finanzministerin. Vielleicht tue ich ihr auch wirklich unrecht damit, dass ich annehme, dass sie nicht wirklich gut im Umgang mit Geld ist, aber ich glaube, dass sie sich diesen Vorwurf durchaus gefallen lassen wird müssen.
Es wäre gerade in solch turbulenten Zeiten wichtig, dass man sich überlegt, was man eigentlich möchte. Man muss nicht mit allem, was eine Partei sagt glücklich sein. Nur weil es die Grünen sagen, oder die Blauen, oder Stronach, oder wer auch immer, muss es nicht automatisch gut, schlecht, richtig oder falsch sein. Wir werfen den Politikern vor, sich Vorschläge von anderen Parteien überhaupt nicht anzuhören, sondern prinzipiell abzulehnen. Doch wir machen genau das gleiche!
Nehmt euch die Zeit, die Parteiprogramme zu lesen. Schaut euch an wofür eine Partei wirklich steht. Schaut euch das Zukunftskonzept an. Ist das eine Welt, in der es euch und euren Mitmenschen besser gehen würde? Gibt es vielleicht Alternativen, die sogar noch besser wären? Werden diese Menschen die Konzepte auch wirklich durchsetzen, oder wollen sie nur an die Macht, um sich wieder an Deals um Bundeswohnungen zu bereichern?
Politische Bildung, statt sturem Gehorsam einer Farbe gegenüber! Das gilt für alle, auch für mich…
Autorin
Veronika Platt schreibt für www.spiegel-der-gesellschaft.at und veröffentlicht dankenswerter Weise ihre Texte auch auf der Plattform.
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