26. Dezember 2012

Die Waffenlobby in den USA

Nach dem schrecklichen Amoklauf in Newtown, bei dem ein 20-jähriger insgesamt 26 Menschen erschossen hat, bevor er sich selbst richtete, sind die Fronten wieder einmal besonders verhärtet. Noch mehr Zündstoff liefert am Heiligen Abend ein 62-jähriger, der sein Haus anzündet, und damit Feuerwehrmänner in einen Hinterhalt lockt, und kaltblütig erschießt.


Eine Kleinstadt durchlebt ihren Albtraum

Quelle: cfnews13.com
Bildquelle: cfnews13.com
Newtown ist eine kleine Gemeinde in Conneticut (hier gibt es eine Karte) mit gerade einmal 28.000 Einwohnern. In dem Ortsteil Sandy Hook, der gleich nordöstlich von Stadtzentrum von Newtown zu finden ist, befindet sich eine große Grundschule, die Seit 14. Dezember nicht nur weltweit bekannt ist, sondern nun auch auf einer Liste steht, auf der niemand stehen möchte:
Die Liste der Orte, an denen Amokläufe stattgefunden haben.
Am 14. Dezember um 9:30 drang der Schütze in das Schulgebäude ein, und schoss in 2 Klassenzimmern insgesamt 20 Schulkinder und 6 Erwachsene mit einem Sturmgewehr und 2 Handfeuerwaffen nieder.


Woher bekam der Mann seine Waffen?
Nun in Europa würde man sich sofort fragen: Wo hat der Amokläufer ein Sturmgewehr her? Doch in Amerika erübrigt sich so eine Frage. Er wird es wohl irgendwo gekauft haben. Möglicherweise in einem Waffengeschäft, möglicherweise in einem besseren Supermarkt, oder auf einer der vielen Messen und Treffen der vielen Schusswaffenbesitzer. In den wenigsten Ländern der Welt darf man Sturmgewehre kaufen, in Amerika jedoch ist das kein Problem.

Was jedoch diesen Fall ganz besonders brisant macht, ist die Tatsache, dass der Schütze sich das Gewehr gar nicht selber gekauft hat. Seine Mutter war überzeugt, dass am 21. Dezember der Weltuntergang stattfinden würde und hat sich aus Angst vor dem Weltuntergang, einem Wirtschaftskollaps und aus Angst vor Essensknappheit nicht nur einen Essensvorrat angelegt, sondern auch Waffen zum Schutz vor Plünderern gesammelt. Sie hat die Waffen jedoch nicht nur gesammelt und verwahrt, sondern war nach Augenzeugenberichten regelrecht versessen auf ihre Waffen. Regelmäßig ging die Frau auf den Schießstand, und hat offenbar ihre Kinder ebenfalls zum Schießstand mitgenommen. Der Schütze war also an den Gewehren ausgebildet und geübt.

Quelle: focus.de
Warum darf so jemand Sturmgewehre kaufen?

Quelle: planet-wissen.de
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In Europa gibt es nicht nur ein Verbot von Sturmwaffen, sondern es gibt auch für den einfachen Waffenbesitz eine psychologische Begutachtung, bevor ein Waffenschein ausgestellt wird. Quelle: kfv.at Sollte diese so genannte Waffenrechtliche Verlässlichkeitsprüfung nicht vorliegen, oder das Gutachten nicht glaubhaft sein, gibt es für diese Person auch keine Waffe. In Amerika ist das anders. In Amerika darf jeder, der nicht gerade wegen Gewaltdelikten auf Bewährung ist, eine Waffe kaufen.

Und nicht nur irgendeine Waffe, sondern gleich das benötigte Equipment, um bei Bedarf eine kleinere Armee überwältigen zu können. Das kommt noch aus der Zeit, als die Sitten rau, und die Wildnis gefährlich war.

Als das Gesetz erlassen wurde, hat nie jemand damit gerechnet, dass dieses Gesetz dazu dienen wird, in einer Stadt mit Millionen von Einwohnern wie Los Angeles den Besitz von hunderttausenden von Schusswaffen zu rechtfertigen. Das Gesetz war dazu gedacht, in einem riesigen Land mit sehr wenigen Einwohnern, eventuelle Übergriffe durch marodierende Gesetzlose auf unbewaffnete Bauern oder angelegene Ranches zu verhindern. Durch einen übermäßigen Waffenbesitz war es für jeden Räuber ein Risiko, sich des Nachts an einen Cowboy oder an eine Ranch anzupirschen. Selbst heute noch schützen sich in abgelegenen Gebieten die Menschen mit Waffen, was sicherlich hilft, die Verbrechensquote am Land niedriger zu halten, als sie sonst wäre.

Waffen als Schutz
heute bringt der Kauf von Schusswaffen zum persönlichen Schutz nur noch dann etwas, wenn man irgendwo mitten im Wald oder in der Wüste, fernab von anderen Menschen lebt, und sich dort vor Bären, Wölfen und Gaunern schützen möchte. Innerhalb des städtischen Bereichs, von der Kleinstadt, über die Vorstadt, bis hin zur Großstadt haben heute bereits die regulären Polizeikräfte eine brauchbare bewaffnete Präsenz. Die uniformierte Staatsgewalt ist also durchaus in der Lage, ihr Gewaltmonopol in ausreichender Weise durchzusetzen. Es gibt keinen Grund mehr, eine Waffe tragen zu müssen.

Leider jedoch hat es die Waffenlobby geschafft, die Waffe als unverzichtbar für die Bevölkerung zu positionieren, und damit zwei Dinge vollbracht. Erstens ist das Gewaltmonopol trotz erhöhter Polizeipräsenz nie wirklich ungefährdet. Jeder Polizist in Amerika geht davon aus, dass die Person, die er wegen eines kaputten Rücklichtes anhält auch wirklich eine Waffe dabei hat. Wer schon einmal in Amerika war weiß, dass die Beamten sehr unrund werden, wenn man aus seinem Auto aussteigt. Mit der Hand an der Waffe wird man final und ultimativ aufgefordert, sich sofort in eine wehrlosere Position zu bringen. (Ein Handstand könnte gelten)

Klar, wenn ich davon ausgehe, dass jeder eine Waffe trägt, werde ich auch nicht mit jedem dahergelaufenen Passanten Schmäh führen. In Österreich ist so etwas unvorstellbar. Der zweite Effekt, den der erhöhte Waffenbesitz auf das Leben in den Vereinigten Staaten hatte war, dass jeder, und ich meine damit wirklich JEDER Knallkopf eine Waffe besorgen kann. Und wenn man sie nicht kaufen kann, weil man entweder zu arm, oder ein geistig abnormer Gewaltverbrecher ist, dann kann man an jeder Straßenecke eine beliebige Person überfallen, und die Chance ist groß, dabei eine Waffe zu ergattern.


„Guns don't kill people!“

Quelle: weaselzippers.us
Bildquelle: weaselzippers.us

Eine der dümmsten Ausreden der Waffenlobby, die verzweifelt versucht, den Absatz von Waffen in den USA am Laufen zu halten, ist dieses „Waffen töten nicht, Menschen töten!“ – Gerede. Waffen zu verbieten würde keinen Unterschied machen, denn dann würde der Amokläufer halt ein Messer benutzen. Das mag sein, aber mit einem Messer bringt man nicht innerhalb von wenigen Minuten 26 Menschen um. Die Menschen können weglaufen oder sich wehren. E

in weiterer Spruch der Waffenlobby war damals, als einer Politikerin bei einer Rede in den Kopf geschossen wurde:“Währen mehr Zuschauer bewaffnet gewesen, hätte man den Mann früher gestoppt“. Ist das der Aufruf, zu politischen Kundgebungen Waffen mitzunehmen? Wie wird mir? Wenn ich das auf Österreich umlegen würde, und ich stelle mir vor, dass bei einer Kundgebung von Strache mehrere hundert Leute bewaffnet sind…

Das wäre der perfekte Zeitpunkt um das Land noch rechtzeitig zu verlassen. Auch interessant war der Ansatz der mächtigen NRA (National Rifle Assoziation) dass schlechte Menschen immer Waffen bekommen, wenn sie es wollen. Deswegen braucht es immer genügend gute Menschen, die ebenfalls Waffen haben. Also de facto: Mehr Waffen für alle, denn im Schnitt sind wir die Guten. Bei so viel Ignoranz kann einem schlecht werden. Ich lehne mich jetzt sehr weit aus dem Fenster und sage: Machen die das vielleicht wegen dem Profit, und nicht, weil sie es so gut mit den Menschen meinen?



weihnachtsmoerder
Bildquelle: express.de
Das Weihnachtsdrama
Jetzt, da die Diskussion um den Waffenbesitz wieder neu entfacht ist, hat ein weiterer Vorfall die Amerikaner zum Nachdenken gebracht. Am Heiligen Abend hat ein 62 jähriger verurteilter Mörder und Ex-Häftling sein eigenes Haus in Brand gesteckt, und die anrückende Feuerwehr dann in einem Hinterhalt erschossen. Er tötete 2 Mitarbeiter der Freiwilligen Feuerwehr, und verletzte 3 weitere Menschen, bevor er sich selbst richtete. Auch er war im Besitz eines halbautomatischen Sturmgewehrs. Die Tatsache, dass er ein bereits verurteilter Gewaltverbrecher war, schien in nicht daran zu hindern, sich Waffen zu besorgen. In seinem Abschiedsbrief nannte der Mann auch die Gründe für seine Tat: „Ich muss mich noch vorbereiten und sehen, wie viel von der Nachbarschaft ich niederbrennen kann und tun, was ich am liebsten mag – Menschen töten.“ Quelle: orf.at

Vielleicht überdenkt man diese alten Gesetze ja doch irgendwann, damit in Zukunft weniger Mütter, Väter, Großeltern, Brüder, Schwestern, Freunde und Bekannte fragen müssen: Warum wurde er/sie nur erschossen? Seit dem Massaker an der Schule jedoch, ist der Absatz von Sturmgewehren massiv gestiegen. Quelle: welt.de Man kann also davon ausgehen, dass sich in nächster zeit nichts ändern wird. So lange man den Leuten wirklich einreden kann, dass es mehr Waffen braucht, um die Sicherheit zu gewährleisten, so lange wird es auch immer wieder den Amokläufern möglich sein, mit Maschinengewehren in die Schulen zu gehen.

Und dann wird es weiterhin die USA sein, die die Liste der Amokläufer anführt:

(Quelle und komplette Liste gibt es hier)


Amoklauf Sandy Hook Elementary School Vereinigte Staaten 14 Dezember 2012
Azana Spa Amoklauf                                   Vereinigte Staaten 21 Oktober 2012
Massaker von Aurora                                 Vereinigte Staaten 20 Juli 2012
Amoklauf von Hyvinkää                              Finnland 26 Mai 2012
Amoklauf von Tulsa                                    Vereinigte Staaten 7 April 2012
Amoklauf von Seal Beach                           Vereinigte Staaten 13 Oktober 2011
Amoklauf von Carson City                          Vereinigte Staaten 6 September 2011
Amoklauf Alphen aan den Rijn                   Niederlande 9 April 2011
Amoklauf von Realengo                             Brasilien 7 April 2011
Amoklauf in Lörrach                                   Deutschland 19 September 2010
Amoklauf in Devínska                                 Slowakei 30 August 2010
Amokfahrt in der Grafschaft Cumbria       Vereinigtes Königreich 2 Juni 2010
Amoklauf in Orlando                                  Vereinigte Staaten 6 November 2009
Schießerei in Fort                                       Vereinigte Staaten 5 November
Amoklauf von Ansbach                              Deutschland 17 September 2009
Amoklauf von Winnenden                          Deutschland 11 März 2009
Amoklauf von Alabama                              Vereinigte Staaten 10 März 2009
Amoklauf von Kauhajoki                            Finnland 23 September 2008
Amoklauf an der Illinois University          Vereinigte Staaten 14 Februar 2008
Schulmassaker von Jokela                         Finnland 7 November 2007
Amoklauf an der Virginia Tech                  Vereinigte Staaten 16 April 2007
Amoklauf von Emsdetten                          Deutschland 20 November 2006
Amoklauf von Goleta                                Vereinigte Staaten 31 Januar 2006
Schulmassaker Red Lake High School      Vereinigte Staaten 21 März 2005


Autorin
Veronika Platt hat den Text verfasst und ist dafür verantworlicht.

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